Regierung will Grenzkontrollen dort durchführen, wo der Flüchtlingsandrang hoch ist.
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Wien. Österreich hat Schengen nicht gekillt. Grenzkontrollen sollen nach Bedarf erfolgen - die verstärkte Kontrolle folgt demnach dem Flüchtlingsandrang. Darauf hat sich die Regierung aus SPÖ und ÖVP am Mittwoch mit den Vertretern von Bundesländern und Gemeinden geeinigt.
Der grenzkontrollfreie Schengenraum gilt als die größte Errungenschaft der Europäischen Union. Der anhaltende Flüchtlingsstrom und die noch immer sehr mangelhafte Sicherung der EU-Außengrenze führt dazu, dass immer mehr EU-Staaten ihre Grenzen kontrollieren. Das ist auch innerhalb des Schengenraumes erlaubt. Jedoch nur temporär.
Die Regierung hat sich nun auf eine Verstärkung der Grenzkontrollen geeinigt, die Grenzen bleiben aber offen. EU-Repräsentanten haben auf diese Entscheidung mit Erleichterung reagiert. Allerdings blickt die Wirtschaft mit zunehmender Skepsis auf die mehr werdenden Grenzkontrollen. Noch kommen aus den Unternehmen keine Einschätzungen von drohenden Verlusten. Der Deutsche Außenhandelsverband meldete aber, dass für Deutschland durch eine Rückkehr zu Grenzkontrollen sich "die Kosten allein für die internationalen Straßentransporte um circa drei Milliarden Euro verteuern" würden.
Probebetrieb inSpielfeld eröffnet
Vorbild für verstärkte Grenzkontrollen in Österreich ist das Leitsystem, das am Mittwoch in Spielfeld in den Probebetrieb gegangen ist. Vorerst sind nur an den Grenzen zu Slowenien genaue Kontrollen geplant, sollte sich der Zustrom aber nach Italien verlagern, würden auch dort vermehrt Grenzkontrollen stattfinden, hieß es aus dem Innenministerium.
Die slowenischen Behörden haben - in Absprache mit Österreich - am Mittwoch 500 Flüchtlinge an die österreichische Grenze in Spielfeld gebracht. Mit dem neuen Grenzmanagementsystem soll ab sofort jeder Schutzsuchende eine Gepäcks- und Personenkontrolle durchlaufen sowie die Einreise in Form von Fotos und Fingerabdruck-Scans dokumentiert werden.
Wer keine gültigen Dokumente hat, wird nach Herkunft und Identität gefragt. Dolmetscher überprüfen die Angaben. Sollten Abweichungen festgestellt werden oder andere Gründe für eine Einreiseverweigerung vorliegen, werden die Menschen wieder nach Slowenien rückgeführt. Wenn jemand mangels Dokumenten nicht nachweisen kann, dass er zum Beispiel aus Syrien kommt, kann er abgewiesen werden, wenn er an der Feststellung seiner Herkunft nicht mitwirkt. Außerdem werden zum Beispiel Menschen aus Nordafrika nur mit gültigem Visum ins Land gelassen.
Wer die Kontrolle durchlaufen hat und nach Österreich darf, wird weiter in beheizte Großzelte gebracht, die vom Roten Kreuz und anderen Hilfsorganisationen betreut werden. Dort können die Menschen essen, auf Feldbetten rasten und auf den Weitertransport in Notquartiere warten.
Ab Februar ist der Vollbetrieb geplant. Dann sollen alle Schutzsuchenden, die von Slowenien nach oder durch Österreich wollen, das Grenzmanagementsystem in Spielfeld passieren. Szenen wie im Herbst, als hunderte Menschen die Zäune durchbrachen und zu Fuß durch die Südsteiermark gingen, sollen nicht wieder vorkommen. Das Areal ist für bis zu 6000 Flüchtlinge pro Tag ausgelegt.
Italien erwägt Hotspots an slowenischer Grenze
Nach der Ankündigung von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, einen Teil der Flüchtlinge künftig an der Grenze zu Slowenien abweisen zu wollen, befürchtet die Regierung in Rom, dass eine wachsende Zahl von Migranten auf der Balkanroute auf Italien ausweichen könnte. Daher denkt die italienische Regierung an die Eröffnung von drei neuen Hotspots zur Migrantenregistrierung in Friaul. Solche Hotspots könnten in Tarvis, in der Nähe von Görz und bei Triest entlang der slowenischen Grenze folgen.
Slowenien hat schon zuvor angekündigt, dem Beispiel Österreichs folgen zu wollen. Das Land will verhindern, dass es zu einem Rückstau kommt und Slowenien zu einer Sackgasse auf der Balkan-Route wird. Vom Nachbarland Kroatien verlangt Slowenien, dass alle Flüchtlinge genau identifiziert werden und ihr Herkunftsland bekannt ist. Ansonsten lässt man sie nicht einreisen.
Serbien reagierte prompt: Das Land lässt ab sofort nur mehr Flüchtlinge einreisen, die in Österreich oder Deutschland um Asyl ansuchen wollen.
Das mazedonische Innenministerium hat am Mittwoch eine Schließung seiner Grenze zu Griechenland für Flüchtlinge bestätigt. Eine "vorläufige Drosselung" des Flüchtlingszustroms sei erfolgt, nachdem Slowenien alle Länder auf der Balkanroute über eine Panne an der Eisenbahnstrecke informiert habe, teilte das Innenministerium in Skopje mit.