Europäischer Rechnungshof moniert Schwächen in der gemeinsamen Bankenaufsicht.
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Brüssel/Luxemburg. Zu wenig aktiv, zu wenig transparent: Deutliche Kritik übt der EU-Rechnungshof an der Europäischen Zentralbank (EZB). Die in Luxemburg ansässige Behörde hat einen Bericht zur gemeinsamen Bankenaufsicht erstellt, die der EZB übertragen wurde. Das Dokument wird am heutigen Freitag präsentiert. Darin finden sich neben Worten der Anerkennung für den raschen Aufbau des neuen Kontrollmechanismus auch etliche Verbesserungsvorschläge.
Die europäische Aufsicht über die Kreditinstitute ist eine Folge der Finanzkrise, aus der Lehren gezogen werden sollten. Gefahren für die Finanzwirtschaft sollen künftig früher erkannt werden, Geldhäuser sich besser dagegen absichern müssen. Zu prüfen hat das die Bankenaufsicht, der die 129 größten Institute direkt unterstehen. Sie wickeln mehr als 80 Prozent der Bankengeschäfte ab.
Dennoch gehen die meisten Kontrollen von den nationalen Behörden aus. Von diesen wurden mehr als 90 Prozent der Inspektionen durchgeführt, stellte der Rechnungshof fest. Lediglich zwölf Prozent der Prüfungen wurden von EZB-Mitarbeitern geleitet. Dieser geringe Anteil hat die Aufseher in Luxemburg überrascht. Denn gerade Vor-Ort-Inspektionen ermöglichen einen Einblick in die Geschäftsführung. "Die EZB hat ja die Verantwortung für die Prüfungen, daher sollte sie mehr von diesen durchführen", befand Rechnungshof-Mitglied Neven Mates, der für den Bericht zuständig war. Außerdem habe die Zentralbank weniger Möglichkeiten, die Qualität der Arbeit zu beurteilen, wenn das Personal von außerhalb der Organisation komme. Überhaupt fehle eine systematische Evaluierung der Teams.
Eingeschränkter Zugangzu Dokumenten
Es ist nicht auszuschließen, dass die EZB den Arbeitsaufwand - und damit die nötigen Personalressourcen - unterschätzt hatte. Innerhalb von 13 Monaten wurde die Bankenaufsicht aufgebaut, an die tausend Mitarbeiter wurden dafür angestellt. Doch der Kontrollmechanismus ist komplex; europäische und nationale Behörden müssen zusammenarbeiten, die Aufgaben sind mannigfaltig. Die EZB insgesamt hat ebenfalls mehrere Funktionen zu erfüllen - nicht nur in der Aufsicht, sondern auch in der Geldpolitik. Das lässt Kritiker immer wieder von potenziellen Interessenskonflikten sprechen.
Der EU-Rechnungshof plädiert zwar nicht für eine völlige Trennung der unterschiedlichen Agenden. Allerdings sollte analysiert werden, ob Konflikte entstehen, wenn sich die Bereiche überschneiden.
Dem Rechnungshof selbst wurde die Analyse übrigens nicht erleichtert. Denn die EZB weigerte sich, alle angeforderten Dokumente zur Verfügung zu stellen. Sie ist nämlich der Meinung, dass der Rechnungshof sein Mandat überschreitet. Die Prüfer wiederum argumentieren damit, dass sie bestimmen dürfen müssen, welche Unterlagen für ihre Arbeit notwendig sind.
Den Mangel an Transparenz wollen sie nicht einfach hinnehmen. Sie erörtern nun, welche Schritte sie setzen wollen. Laut Mates wäre der Gang vor den Europäischen Gerichtshof eine Möglichkeit. Es gibt aber auch die Hoffnung, dass der Druck von EU-Institutionen auf die EZB wächst. Der Bericht wird nämlich dem EU-Parlament und dem Gremium der Mitgliedstaaten übermittelt. Beide könnten darauf drängen, dass die Zentralbank mehr Einblick gewährt.
Die europäische Aufsicht über die Geldhäuser ist aber nicht das einzige EU-Instrument zur Stärkung der Wirtschaft, das auf Einwände im Rechnungshof stößt. Erst vor Kurzem hat die Behörde die geplante Ausweitung des Investitionsfonds kritisiert, eines Prestigeprojekts der EU-Kommission, mit dem diese milliardenschwere Investitionen ankurbeln möchte. Es gebe wenig Anzeichen, dass die Aufstockung und Verlängerung des Programms gerechtfertigt sei, teilten die Prüfer mit. Ob der Fonds nämlich seine Ziele überhaupt erreiche, sei noch unklar.