Bildungsstadtrat Czernohorszky (SPÖ) ändert Kurs der Bildungspolitik mit strengeren Kontrollen für private Kindergärten.
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Wien. Die Unterbringung von möglichst vielen Wiener Kindern in den Kindergärten war das hehre Ziel des bis Ende 2015 amtierenden Bildungsstadtrats Christian Oxonitsch (SPÖ). Neben dem Bau von städtischen Plätzen forcierte er vor allem die Neueröffnungen von privaten Trägern. Die von der Stadt mit Fördergeldern finanzierten Vereine sollten die große Masse an Kindern auffangen. Wer genau hinter den Betreibern stand, war aber scheinbar nebensächlich.
Ein Umstand, den der heutige Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) seit Anfang seiner Tätigkeit im Jänner zu spüren bekommt. Seit seinem ersten Tag ist er mit Fällen konfrontiert, bei denen private Betreiber die Fördermittel der Stadt nicht zweckmäßig verwendeten.
Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Veranlassung einer Sofortüberprüfung des Vereins "Oase des Kindes". Der Obmann habe zugegeben, dass er die Stadt über die Fördervoraussetzungen getäuscht habe, erzählt der Bildungsstadtrat. Bereits 2013 soll er städtische Fördergelder abgezweigt und den Trägerverein um mindestens zwei Millionen Euro geschädigt haben. Gegen den Betreiber wird mittlerweile wegen Untreue, Förderungsmissbrauch und betrügerischer Krida ermittelt. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Der Verein "Oase des Kindes" hatte im vergangenen September vom Masseverwalter zehn Kindergärten des Vereins "Alt-Wien" übernommen, nachdem die Stadt auch hier die Fördergelder stoppen musste und "Alt-Wien" alle seine Kindergärten zusperrte. Insgesamt 2300 Kinder waren damals betroffen. Die "Wiener Zeitung" berichtete.
Doch es gibt noch weitere Fälle von fragwürdigen Kindergartenbetreibern. So ermittelt die Polizei etwa gegen einen ehemaligen Mitarbeiter eines Privatkindergartens in Ottakring wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs Unmündiger. Der nach Auffliegen der angeblichen Vorfälle vom Betreiber entlassene Mann soll Drei- bis Fünfjährige nackt ausgezogen und sich mit ihnen in einem Waschraum eingesperrt haben. Die Vorfälle hätten sich im Herbst 2016 abgespielt, die Anzeige durch den Kindergarten-Obmann ist Mitte Jänner eingegangen.
Leichtes Spiel für Opposition
Konsequenzen gibt es auch für den Verein "Multika". Vor kurzem wurde ein Konkursverfahren eröffnet, nachdem die Stadt die Förderzahlungen stoppte. Die Stadt hatte den Verein bereits laufend unter "besonderer Beobachtung", weil laut "vertiefender Prüfung" phasenweise zu niedrige Gehälter ausbezahlt wurden, erklärt Czernohorszky.
Die immer häufiger auftretenden Fälle sind ein gefundenes Fressen für die Opposition, die ein leichtes Spiel hat, die Versäumnisse der rot-grünen Stadtregierung im Bildungsbereich aufzuzeigen. Dass Missbrauchsfälle teilweise sogar von Medien aufgedeckt und nicht von den Kontrollen der Stadt erfasst werden, lässt Czernohorszky keine andere Wahl, als die Kontrollen noch weiter zu verschärfen.
Der Stadtrat kündigte ein neues Förder- und Bewilligungssystem an, das bis zum Sommer erarbeitet wird. Damit soll vor allem sichergestellt werden, dass nur Träger als Partner auserwählt werden, die aus wirtschaftlicher und pädagogischer Sicht geeignet sind. Sie müssen etwa ihren Anträgen "ordentliche" Businesspläne beilegen. "Bis zum letzten Cent muss nachvollziehbar sein, wohin die Gelder fließen", poltert er. "Die Privaten haben sofortige Konsequenzen zu spüren." Eine personelle Aufstockung der betreffenden Abteilung wurde ebenfalls angekündigt.
Absage an Oxonitschs Politik
Doch je genauer geprüft wird, desto mehr Fälle werden auch sichtbar werden.
Die Leidtragenden der Misere sind neben den Betreuern, die Kinder und ihre Eltern. Etwa 600 Kinder sind derzeit von den Fällen betroffen und brauchen nun einen neuen Platz. Die gewohnte Umgebung müssen sie genauso aufgeben wie Freundschaften, die sie in ihren Gruppen geschlossen haben. Für die vier- bis sechsjährigen Kindergartenkinder würde es zwar genügend Platz geben, sagt Czernohorszky. Jedoch würden sich viele dieser Plätze nicht in der Wohnumgebung befinden.
Der Bildungsstadtrat geht davon aus, dass durch die schärferen Kontrollen weitere private Betreiber ihre Kindergärten schließen müssen. Der Politik seines Vorgängers Oxonitsch, der heute dem SPÖ-Klub vorsteht, erteilt er damit eine Absage. Zuerst soll geprüft werden, ob die privaten Betreiber für Kinderbetreuung auch wirklich geeignet sind, bevor Kinder aufgenommen werden können, und nicht umgekehrt.