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Kontrollprobleme umgewandelter Kreditgenossenschaften

Von Holger Blisse

Gastkommentare
Holger Blisse ist Wirtschafts- und Sozialanalytiker und unter anderem auf kreditwirtschaftliche, genossenschaftliche und sozial-politische Themen spezialisiert.
© privat

Die Missstände bei der Commerzialbank Mattersburg haben zum Teil auch mit deren Struktur zu tun.


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Der Eigentümerkreis der Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG ist zweigeteilt. Fast 80 Prozent des Grundkapitals lagen bei einer Genossenschaft mit dem langen Namen Personalkredit- und Kommerzialkreditvermittlungs- und Anteilsverwaltungsgenossenschaft Schattendorf-Zemendorf-Stöttera-rensdorf-Hirm-Loipersbach-Draßburg-Baumgarten. Diese Beteiligungsgenossenschaft geht zurück auf eine Raiffeisenbank. Als Gründungsjahr ist 1929 verzeichnet. Die genossenschaftliche Raiffeisenbank brachte 1995 ihren Bankbetrieb in eine AG ein und wurde mit ihren Mitgliedern Aktionär der Bank, hinzu traten einzelne private Personen, darunter der Vorstandschef der Bank.

Diese Doppelstruktur, wie sie als eine Variante in Paragraf 92 des Bankwesengesetzes vorgesehen ist, findet sich auch bei der 1981 umgewandelten Linzer VKB-Bank AG, einigen regionalen Volksbanken und Raiffeisenlandesbanken oder der Bausparkasse Wüstenrot in Salzburg. Die Bank für Gemeinwohl war auch so angelegt.

Dieser Aufbau hat den Vorteil, den genossenschaftlichen Eigentümerkreis zu erhalten, ohne dass das Kapital der Bank von Austritten der Mitglieder der Genossenschaft berührt wird. Gegenüber einer reinen Kreditgenossenschaft besteht freilich der wesentliche Nachteil darin, dass nur noch ein Vertreter die Genossenschaft in der Hauptversammlung der Bank repräsentiert. Entscheidungen auf Ebene der Bank werden in der Genossenschaft vorbereitet, sofern sie dort beschlossen werden müssen. Viele Entscheidungen vollziehen sich, ohne dass die Genossenschaft direkt mitwirken und bei ihren Mitgliedern nachfragen muss. So waren Genossenschaft und Einzelaktionäre in der Hauptversammlung der Commerzialbank Mattersburg unter sich.

Dementsprechend gering fiel der Einfluss des einzelnen Mitgliedes aus verglichen etwa mit den Raiffeisenbanken und Volksbanken, die in vergleichbarer Größenordnung durchaus mehr als 10.000 Mitglieder zählen - mit je einer Stimme. Die Banken werden durch einen genossenschaftlichen Revisionsverband geprüft. Auch wenn die Präsenz bei Generalversammlungen sehr unterschiedlich ist, stellen sie doch vielerorts ein besonderes Ereignis dar. In einem solchen Rahmen findet auch indirekt eine Kontrolle statt. Aktivität und Teilnahme einer breiten Mitgliedergruppe gehen bei Beteiligungsgenossenschaften zurück. Manchmal erfahren die Mitglieder nicht rechtzeitig vom Termin der Versammlung.

Die Kontrolle verlagert sich in Richtung der Bank, sogar so weit, dass Management und Kontrolleure ident sind. Verständlich, wenn dann Probleme gar nicht mehr nach außen dringen. Die weitere Entwicklungsrichtung mit Mitgliedern als Aktionären der Bank und einem Aktienhandel - intern oder über die Börse - hat in den meisten Fällen dazu geführt, dass diese vergleichsweise kleinen Institute untergegangen oder übernommen worden sind. Dass es dafür nicht einmal dieses Schrittes bedurfte, zeigt das Mattersburger Beispiel. Daher wäre allen Instituten, die in dieser Doppelstruktur arbeiten, zu empfehlen, die Mitgliedschaft zu aktivieren oder zur reinen Genossenschaft zurückzukehren.