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Kontroverse um religiöse Aussagen Liebermans

Von Alan Elsner

Politik

Washington - Es ist eine Gratwanderung, auf der sich Joseph Lieberman bewegt. Der orthodoxe Jude und Kandidat für das Amt des US-Vizepräsidenten verknüpft den Wahlkampf ganz offensiv mit seinem Glauben und hat damit eine öffentliche Debatte entfacht.


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Lieberman laufe mit seinen Äußerungen Gefahr, die in der US-Verfassung festgeschriebene Trennlinie zwischen Staat und Kirche zu übertreten, sagen Experten.

Der Senator, der an der Seite von Präsidentschaftskandidat Al Gore für die Demokraten ins Rennen geht, tritt als erster orthodoxer Jude für eine der großen Parteien bei den Präsidentenwahlen an. Der 58-Jährige, der als moralische Autorität im US-Kongress gilt, lebt selbst strikt nach den Richtlinien des orthodoxen Judentums.

Am Sonntag forderte Lieberman vor afro-amerikanischen Gläubigen in Detroit eine "verfassungsmäßige Stellung für den Glauben" im öffentlichen Leben. Seine Landsleute rief er auf, sich zu ihrem Glauben zu bekennen und sich selbst und ganz Amerika in den Dienst Gottes zu stellen. Die Pläne Gores, rezeptpflichtige Medikamente billiger an ältere Menschen abzugeben, entspreche dem biblischen Gebot, Vater und Mutter zu ehren, fügte er in der Ansprache hinzu.

Liebermans Äußerungen riefen jedoch inzwischen die jüdische Anti-Diffamierungsliga (ADL) auf den Plan, die den Senator aufforderte, sich im Wahlkampf mit religiösen Aussagen zurückzuhalten. Die Liga sei zwar dafür, dass die Kandidaten im Wahlkampf offen ihre religiösen Überzeugungen kundtun. Allerdings, so heißt es in einem Schreiben der Organisation, bestehe die Gefahr, dass die Betonung von Glauben und Religion im Wahlkampf "in einer religiös so vielfältigen Gesellschaft wie unserer unangemessen und sogar beunruhigend wirkt".

In die selbe Kerbe schlägt auch der Theologieprofessor Frank Kirkpatrick vom Trinity-College in Hartford in Connecticut: Liebermann riskiere die Verletzung des gesellschaftlichen Konsenses und lege mit seinen Aussagen außerdem nahe, dass es in den USA keine Moral ohne Religion geben könne. Es gebe aber viele moralische Menschen in den USA, die atheistisch seien.

Sieg Gores?

Nach Berechnungen mehrerer US-Politologen wird Gore die Schlacht um das Präsidentenamt gegen George Bus gewinnen: Die Prognose der Wissenschaftler beruht nicht auf Wahlumfragen, sondern auf Rechenmodellen, die sich in den vergangenen Jahren als sehr zuverlässig erwiesen haben. Danach kommt Gore auf mindestens 52,3 Prozent.