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Konzessionen auf ewige Zeiten

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Der Verkauf der Postbus AG an die ÖBB ist nun politisch abgesegnet. Um den Deal friktionsfrei über die Bühne zu bringen, wurde den privaten Busunternehmern ein Drittel vom Buskuchen versprochen - damit der Wettbewerb gewahrt bleibt. Für Wolfgang Rauh, Experte des Verkehrsclub Österreich (VCÖ), ist gerade diese Argumentation scheinheilig, denn die Bestimmungen des Kraftfahrliniengesetzes würden zum jetzigen Zeitpunkt jeglichen Wettbewerb unterbinden. Vielmehr sei eine "gute Linie die Lizenz zum Gelddrucken", ohne Anreiz, das Angebot für die Fahrgäste zu verbessern.


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Hinter der Ankündigung, auch die Privaten Blaguss, Dr. Richard und Sabtours am neuen Busunternehmen mitnaschen zu lassen, vermutet Rauh "einen politischen Kuhhandel". Denn "was haben Dritte mit der Post-Bahnbus-Fusion zu schaffen"? Seiner Meinung nach nichts. Denn beim Busverkehr ist nach geltendem Kraftfahrliniengesetz so und so kein Wettbewerb möglich, da die Konzessionen quasi mit Erbrecht vergeben und auf ewige Zeiten abgesichert sind. "Es gibt de facto keine Ausschreibungen, die Konzessionsinhaber diktieren den Preis für ihre Leistungen."

Wer also heute die Berechtigung besitzt, auf einer lukrativen "Rosinen-Linie" zu fahren, kann von dieser nicht mehr vertrieben werden. Rauh wittert in der Postbus-Angelegenheit eine unheilige Allianz zwischen Postbus, Bahn, den Privaten und der Gewerkschaft. "Auch die großen Privaten spielen anscheinend das Spiel, wir teilen uns die Rosinen auf, geschickt mit." Der Verkehrsexperte erinnert an ein Beispiel, das voriges Jahr für Aufruhr in der Branche gesorgt hat. Die Stadt Wien hatte den 80A, eine ehemalige Dr.Richard-Strecke ausgeschrieben und der Postbus bekam den Zuschlag. "Das Aufheulen der Branche war gewaltig." Rauh sieht die Bus-Fusion sowohl unter internationalen als auch nationalen Aspekten. Am globalen Markt mache ein großer Player, der im Ausland seine Dienste anbieten kann, durchaus Sinn. In Österreich ist ein solch mächtiger Teilnehmer kontraproduktiv, weil das Konzessionsrecht ihm freie Hand läßt. Der Vorstand des Verkehrsverbundes Ostregion (VOR), Manfred Novy, kennt das Problem der automatischen Verlängerung einer Konzessionen. Eine Ausschreibung kann nur erfolgen, wenn die Linie mit den Einnahmen samt Tarifstützungen nicht überleben kann. Auf einer guten Strecke kann man somit unbegrenzt "picken" bleiben. Eine Ausschreibungspflicht ist für Novy aber nur sinnvoll, wenn die staatliche Förderung mehr als eine Mill. Euro pro Jahr ausmacht, da Ausschreibungen sehr aufwendig und teuer sind. Für kleine Linien würde sich ein solcher Aufwand nicht lohnen. Und dieser Meinung der Verkehrsverbünde hat sich mittlerweile auch die EU-Kommission angeschlossen.

Der Chef des Kärntner Verkehrsverbundes, Christian Heschtera, ist sicher, dass die EU-Kommission innerhalb der nächsten Jahre den Wettbewerb im Nahverkehr verordnen wird: "Dann wird das Konzessionsrecht abgeschafft." Doch bis die EU ihr Vorhaben umsetzen kann, werden noch gut sechs Jahre vergehen. Eine Schonfrist, die für Heschtera sogar notwendig ist, damit die staatlichen und kommunalen Verkehrsunternehmen überhaupt fit für den Wettbewerb werden. "Es hat keinen Sinn, wenn ausgeschrieben wird und ein internationaler Anbieter zum Zug kommt, und wir Steuerzahler müssen den öffentlichen Betrieb weiterhin finanzieren, obwohl er keine Leistung mehr erbringt." Wichtig sei, dass die Unternehmen diese Zeit nutzen, um sich für den geöffneten Markt zu rüsten. "Der Postbus war auf gutem Sanierungskurs und hätte die Kurve bis 2003 gekratzt." Die Gefahr der ÖBB-Übernahme bestehe im Abwürgen dieses wichtigen Prozesses. Bisher wurde kolportiert, dass die Privaten sich zu 30 Prozent an der neu zu schaffenden Busgesellschaft beteiligen dürfen. Eine Variante, die laut Heschtera ausgeschlossen scheint: "Die haben kein Interesse an einer Kapitalbeteiligung." Auch bei den ÖBB wisse man um die Nachteile einer solchen Lösung. Die Privaten, die im Aufsichtsrat sitzen, dürften dann den ÖBB in die Bilanz schauen, obendrein könnten sie vor Ausschreibung einer Strecke ihren Informationsvorsprung - sie wissen, wieviel der Bahnbus verlangen wird - fürs eigene Unternehmen nutzen.