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Konzil am Küniglberg

Von Stefanie Holzer

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Es muß an der Wende zum Jahr 2000 liegen, die ja eigentlich erst mit dem Jahr 2001 tatsächlich eintritt, daß das Religiöse etwas mehr im Schwange ist als zuletzt: Nicht, wie man das erwarten

könnte, am Mittwoch in "Kreuz & quer", sondern schon am Montag in "Thema" wurde katholischer Fundamentalismus in Österreich angeprangert, und beim "Treffpunkt Kultur" ging es um den Tibetischen

Buddhismus, der angeblich (auch) die Frauen ausbeutet.

Man besprach die gängigen Beschuldigungen: Einer katholischen Splittergruppe wurde zum Beispiel vorgehalten, sie wolle zum bis vor kurzem in Ansehen stehenden Urchristentum inklusive Besitzlosigkeit

zurück. Eine andere wiederum sei im Mittelalter verankert. Den tibetischen Lamas wiederum legte man zur Last, sie strebten die Weltherrschaft an. Und der Dalai-Lama sei kein Demokrat. Wie hochkurios!

Schließlich wurde das Begehr nach mehr Demokratie kürzlich auch bei den heimischen Katholiken abschlägig beurteilt. Wie bei einem Konzil kamen die Vorwürfe jeweils aus der eigenen Partei:

Kirchenvolks-Begehrens-Katholiken gegen die Vertreter der reinen Lehre und abgefallene buddhistische Esoteriker gegen den Buddhismus.

Die Fundi-Katholiken wurden gescholten wegen ihrer strengen Sexualmoral, und die Tibeter kriegten eins drauf, weil mancher aus ihren Reihen angeblich tantristisch über die Stränge schlägt. Man ist

versucht, einen effizienteren Religionsunterricht zu fordern: Offenkundig weiß kaum ein Mitglied einer Glaubensgemeinschaft, wofür seine Glaubensgemeinschaft steht.