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Kooperation der Geheimdienste ist nicht so schlecht

Von Reinhard Göweil

Politik

Probleme bei Ausforschung von Terrorverdächtigen entstehen in Europa eher durch innerstaatlichen Kompetenz-Dschungel von Behörden.


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Wien/Brüssel. Allein 2015 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) gab es in der EU insgesamt 211 tatsächliche, vereitelte oder geplante Terroranschläge. Deutschland gab im Vorjahr bekannt, dass seit 2000 elf schwere Anschläge von der Polizei und den Geheimdiensten vereitelt werden konnten. Die mutmaßlichen Täter konnten rechtzeitig ausgeforscht werden. Zwar wird von Politikern immer wieder eine stärkere, internationale Zusammenarbeit der Nachrichtendienste verlangt, doch grenzüberschreitend funktioniert das in der EU mittlerweile viel besser als früher. Schwachstellen sind vielmehr unterschiedliche Kompetenzen innerhalb der Staaten, also der jeweiligen Regionen und Bundesländer. Das hatte sich zuletzt beim Attentäter gezeigt, der in Berlin mit einem Lkw in einen Weihnachtsmarkt raste und zwölf Menschen tötete. Da gab es offenkundige Schwächen in der Zusammenarbeit zwischen deutschen Bundesbehörden mit den jeweiligen Dienststellen in Nordrhein-Westfalen und Berlin.

Seit Anfang des Vorjahres gibt es im Rahmen der Europol das Europäische Terror-Abwehrzentrums. Dieses wurde nach den Anschlägen von Paris im November 2015 gegründet und wird durchaus kritisch gesehen. Es verfügt über keine eigenen Dienste, aber es koordiniert eingehende Informationen und sammelt Daten von Verdächtigen. Das größte Problem dabei sind die oftmals nicht mit den nationalen Dienste kompatiblen IT-Systemen. Als Riesenproblem stellte sich heraus, dass die Namen untersuchter Personen in den diversen europäischen Sprachen verschiedene Schreibweisen haben - und die Verknüpfung somit schwierig wird.

Brexit als Problem

Ein mögliches Problem wird die künftige Zusammenarbeit mit den britischen Geheimdiensten. Der Brexit wird die institutionellen Verbindungen stören. Die britische Premierministerin Theresa May hat zwar in ihrer Grundsatzrede angekündigt, die gemeinsame Terrorabwehr werde auch über den britischen EU-Austritt hinaus erhalten bleiben, doch dies ist vorerst eine Absicht. Es wird eine neue Vereinbarung zwischen den EU-Behörden und den britischen geben müssen, um den Datenaustausch weiter zu gewährleisten. Faktum ist, dass die britischen Geheimdienste vergleichsweise effektiv arbeiten, da sie über enorme Mittel verfügen. In Österreich kommt dazu, dass der Heeresnachrichtendienst über international anerkannte Kontakte in nordafrikanische Staaten verfügt. Auch Israel kooperiert eng mit heimischen Behörden. Und nicht zuletzt gibt es natürlich gute (und lange) Verbindungen zum deutschen Bundesnachrichtendienst, der wiederum in die Nato-Dienste eingebunden ist.

Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung, die erst jüngst von Justizminister Wolfgang Brandstetter erneut gefordert wurde, obwohl sie 2014 vom Verfassungsgerichtshof gekippt wurde, wird von den Nachrichtendiensten differenziert betrachtet. Unter dem Begriff wird die Speicherung von Telefon- und Internetdaten aller Bürger ohne konkrete Verdachtslage verstanden. Die Dienste sind zwar dafür, doch die eigentliche Leistung bei der Vereitelung von Terroranschlägen liegt eindeutig in der internationalen Vernetzung bestehender Daten.

Erst wenn Europa seine nationalstaatlichen Besonderheiten dem größeren Sicherheitsinteresse unterordnet, wird es deutliche Fortschritte geben. Und natürlich muss das Kompetenz-Hickhack regionaler Behörden enden.