Die EU-Außenminister haben gestern den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien verschoben. Österreich hatte sich bis zuletzt - mit mehr Unterstützung als erwartet - dagegen gewehrt. Ein neuer Gesprächstermin ist nicht fix: Sobald die EU eine "vollständige Zusammenarbeit" mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal feststelle, könnten die Verhandlungen starten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der historische Tag für Kroatien geriet zum Rückschlag für die EU-Ambitionen des Landes. Was seit Tagen in Brüssel ein offenes Geheimnis war, beschlossen die EU-Außenminister gestern offiziell. Die Beitrittsgespräche mit Kroatien werden verschoben, bis die Regierung in Zagreb die "vollständige Zusammenarbeit" mit dem UN-Tribunal in Den Haag nachweisen kann, sagte der Luxemburger Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Jean Asselborn.
Danach könnten die Gespräche aber unmittelbar beginnen, erklärte Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik. Ein Verhandlungsrahmen wurde definitiv beschlossen. Dieser koppelt den Verlauf von Beitrittsgesprächen an das Ausbleiben von ernsthaften und dauerhaften Verstößen gegen Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Das sei eine "Ermutigung für die gesamte Region", fügte Plassnik mit steinerner Miene hinzu. Bei der Bewertung der Situation habe es unterschiedliche Ansichten der Mitgliedsstaaten und daher nicht den notwendigen Konsens gegeben. Zuletzt hätten sich auch Malta, Irland, Litauen und Zypern für den 17. April eingesetzt, hieß es in Diplomatenkreisen.
Die Bewertung der "vollständigen Zusammenarbeit" dürfte auch weiterhin der springende Punkt bleiben. Wer diese Bedingung wie prüfen soll, bleibt offen. Essentiell sei nicht die Auslieferung des wegen Kriegsverbrechen gesuchten Generals Ante Gotovina, sondern die nachweisbaren Bemühungen der kroatischen Regierung, ihn zu fassen, meinte Plassnik. Eine Möglichkeit zum Nachweis sei ein Monitoring durch die EU im Land selbst. Dies hatte der kroatische Premier Ivo Sanader bereits am Morgen - allerdings parallel zu einer sofortigen Aufnahme der Beitrittsverhandlungen - vorgeschlagen. Nach dem Entscheid der EU-Minister zeigte sich Sanader enttäuscht.
Der Zeitpunkt für den tatsächlichen Beginn der Verhandlungen, hänge nun von der kroatischen Regierung ab, replizierte Plassnik die seit Tagen kursierende Sprachregelung der EU-Präsidentschaft. Ein interessanter Termin dürfte allerdings auch der 31. Mai sein. Dann spricht Tribunals-Chefanklägerin Carla del Ponte vor der UNO über den letzten Stand ihrer Ermittlungen und Bewertungen bezüglich der Kriegsverbrechen in der ehemaligen Republik Jugoslawien.