Der chinesische Sozialwissenschafter Huang Ping über die neue Seidenstraße und den Wandel in Chinas Auslandsbeziehungen.
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"Wiener Zeitung": Welche Rolle spielt Ost-Mitteleuropa beim chinesischen Projekt der "neuen Seidenstraße"?
Huang Ping: Mitteleuropa ist für China - nicht nur bei diesem Projekt - von großer Bedeutung. So liegt etwa Österreich entlang wichtiger Verkehrsachsen und spielt somit geografisch eine wichtige Rolle. Europa ist aber auch in einer anderen Hinsicht für China von Bedeutung: China strebt ein anderes Wachstumsmodell als in der Vergangenheit an. Bisher stand das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im Vordergrund, aber die Zukunft gehört einem nachhaltigen Entwicklungsmodell und das bedeutet: mehr Innovation, eine insgesamt smartere und grünere Entwicklung. Dieser Wandel des Entwicklungsmodells gelingt am besten mit einer engeren Zusammenarbeit mit Europa.
Wie werden sich die Beziehungen zwischen der EU und China aus Ihrer Sicht weiterentwickeln?
Die EU und China sollten nicht zuletzt in Afrika und dem Nahen Osten ihre Zusammenarbeit vertiefen. Auf die letzten Gipfeltreffen war die chinesische Seite immer gut vorbereitet: Smart Cities, Klimawandel, Innovation - all das waren Themen, die am Tisch lagen. Aber die europäischen Gesprächspartner waren immer abgelenkt: einmal durch die Eurokrise, dann durch die Ukraine-Krise, ein drittes Mal durch die Flüchtlingskrise oder durch Terroranschläge. Doch beide Seiten müssen ihren Dialog intensivieren, denn von einer engeren Zusammenarbeit können beide Seiten nur profitieren. China hat eine hart arbeitende Bevölkerung, Europa hat Know-how - beide Seiten ergänzen sich ideal.
Wie schätzen Sie die Beziehungen zwischen den USA und China ein?
Die USA sind Chinas wichtigster Handelspartner. In der Zeit von US-Präsident Barack Obama waren die Beziehungen positiv und konstruktiv. Donald Trump hat sich dann in seiner Wahlkampagne als Isolationist positioniert.
Wie geht China damit um?
Es gibt derzeit drei große Machtblöcke auf diesem Planeten: die USA, Europa und China. Dazu kommen unsere Nachbarn: Japan, Russland und Indien. Der Nahe Osten, Afrika und Lateinamerika werden für China ebenfalls bedeutsamer. Peking will am multilateralen System festhalten, China will keine Konfrontation, sondern Kooperation.
Zur Person
Huang Ping ist Direktor für Europastudien an der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS - Chinese Academy of Social Sciences) und war davor Direktor des Instituts für Amerikawissenschaften an der CASS. Er hat unter anderem über Armut und Arbeitsmigration in China publiziert. Er war auf Einladung der chinesischen Botschaft in Wien.