Komplizierte Wortschöpfung soll grenzenloses Investieren vereinfachen
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"Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities" ist der vollständige Name für die besser als UCITS bekannten EU-Richtlinien über einheitliche Vorschriften für Investmentfonds.
Auf Deutsch wird die Direktive gern OGAW genannt ("Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren") und die Franzosen verwenden lieber ihre Abkürzung OPCVM für "Organisme de placement collectif en valeurs mobilières". Mit diesen Wortungetümen ist die Kolumne eigentlich fast schon voll.
Wichtig wäre noch zu erwähnen, dass erst mit der vierten Auflage der UCITS-Richtlinie, die ab Juli 2011 in Kraft tritt, das ursprüngliche EU-Ziel erreicht werden könnte: nämlich die tatsächliche Vereinfachung des grenzüberschreitenden Handels mit Investmentfonds. Denn genau dieses Wort "Investmentfonds" und nicht viel anderes meinen die Wortungetüme.
Genauso kompliziert wie der Name der Direktive, die in ihrer Erstfassung 1985 verabschiedet wurde, ist die praktische Umsetzung dieser EU-weiten Regeln über die Produktgestaltung eines sogenannten "regulierten" Investmentfonds (also keine "alternativen" Fonds wie zum Beispiel Hedgefonds).
Um den heimischen Markt zu schützen, hat nämlich fast jedes EU-Land zusätzliche Regeln für ausländische Vermögensverwalter aufgestellt. Nicht selten berichteten Investmentmanager von Bestechungsgeldern, die für die Zulassung ihres Produkts in einem anderen EU-Mitgliedsstaat bezahlt werden mussten.
Mit UCITS IV soll sich das ändern. Durch die Einführung EU-weit anerkannter Standards für Investmentfirmen wird es diesen möglich, ihre Produkte direkt im Ausland zu verkaufen. Die Behörden außerhalb des Quellenlandes prüfen erst nach dem Verkaufsstart den Anbieter. Sie müssen ihren ausländischen Kollegen vertrauen und dürfen keine zusätzlichen Vorschriften einführen.
"Bisher war die Wettbewerbsverzerrung massiv, aber jetzt haben alle Anbieter in der EU die gleiche Chance", ist Mathias Bauer, Chef von Raiffeisen Capital Management, überzeugt.
Neu wird auch die Möglichkeit sein, Fonds über Grenzen hinweg zusammenzulegen, wenn etwa das Fondsvolumen sehr klein ist und eine getrennte Verwaltung der Vermögen zu teuer wäre. Dieses "Pooling" von Vermögen führt dazu, dass ein Manager größere Summen verwaltet und leichter sein Portfolio auf diverse Anlageklassen verteilen kann, um das Risiko zu minimieren.
Die Angst, dass Fonds auf diese Weise zu groß werden könnten, und - wie in den USA geschehen - Gewinneinbußen haben, teilt Bauer nicht. Derzeit seien die Fonds in der EU nur rund ein Zehntel so groß wie ihre amerikanischen Gegenstücke und damit eher ineffizient. Pooling werde zur Effizienzsteigerung führen und die Zersplitterung der EU-Fondslandschaft beenden, sind sich Manager einig.
Noch einfacher wird auch der "vereinfachte Fondsprospekt", für den bisher in jedem EU-Land eigene Regeln galten. Das neue "Key Investor Document" (KID) soll jetzt einheitlich auf zwei A4-Seiten die wichtigsten Informationen zum Fondsprodukt zusammenfassen.
Dabei soll den Anlegern auch angedeutet werden, ob sich ein Fonds für langfristige Veranlagung oder zur kurzzeitigen Spekulation eignet. Außerdem wird eine Risikoskala von eins bis sieben eingeführt - aber hier besteht wiederum Spielraum für Interpretation: Denn wer überprüft, ob der Investmentmanager A exakt die gleichen Parameter für die Risikoeinschätzung anwendet wie der Investmentmanager B?
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.