Zum Hauptinhalt springen

Koralm und Brenner nur eingleisig

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Geringerer Umfang der Projekte würde Kosten um bis zu 50 Prozent senken.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Zehn Milliarden Euro will die Bundesregierung in den nächsten zehn Jahren einsparen. Entsprechende Pläne werden in fünf Arbeitsgruppen erarbeitet, die bis Mitte Jänner erste Ergebnisse vorlegen sollen. Ende Februar soll das Sparpaket dann beschlossen werden. Völlig offen ist noch, wie viel der jährlich zu lukrierenden zwei Milliarden durch Sparmaßnahmen und wie viel durch neue Einnahmen aufgebracht werden soll.

Die fünf Arbeitsgruppen befassen sich mit den Themenbereichen Steuern (hier verhandeln Finanzministerin Maria Fekter und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder), Gesundheit (Gesundheitsminister Alois Stöger und ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf), Pensionen und Soziales (Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner), Verwaltungsreform (Staatssekretär Josef Ostermayer und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner) und Förderungen, ÖBB und Infrastruktur.

Diesen Bereich verhandeln Verkehrsministerin Doris Bures, Ostermayer, Fekter, Mitterlehner und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich. Und in diesem Bereich gibt es besonders viel zu holen, macht doch der Bund alleine für Förderungen jährlich 18 Milliarden Euro locker. Hier will die ÖVP um mindestens eine Milliarde kürzen. Ebenso bei den ÖBB, etwa durch ein höheres Pensionsantrittsalter für Eisenbahner. Diese gehen im Schnitt mit 53,5 Jahren in Pension. Diesbezüglich ist Verkehrsministerin Doris Bures in der Vorwoche vorgeprescht und hat das Aus für Frühpensionen bei der Bahn ab 2012 angekündigt. Damit sollen jährlich 35 Millionen Euro eingespart werden.

35 Millionen sind zwar viel Geld, aber ein Klacks verglichen mit dem, was an Infrastrukturprojekten geplant ist. Alleine die drei großen Tunnelprojekte Semmering, Koralm und Brenner kosten Österreich laut bisherigen Planungen rund 13,5 Milliarden Euro - da sind die Finanzierungskosten noch nicht mit eingerechnet. Mit diesen steigen die Kosten laut Verkehrsministerium auf 16 bis 17 Milliarden Euro.

Die Verkehrsministerin ist "grundsätzlich für" die Tunnelprojekte. Angesichts des allgemeinen Spardrucks will Bures aber "jeden Euro fünfmal umdrehen" und sämtliche Infrastrukturprojekte überdenken. Bundeskanzler Werner Faymann beeilte sich, zumindest die Südbahnprojekte außer Diskussion zu stellen, schließlich werde dort schon gebaut. Für den Brenner-Basistunnel machte sich Vizekanzler Michael Spindelegger stark.

"Gesamtwirtschaftlich fragwürdig"

Eventuelle Baufortschritte sind für Gerd Sammer, Leiter des Instituts für Verkehrswesen an der Universität für Bodenkultur in Wien, kein Argument: Bei entsprechendem politischen Willen könne man die Projekte stoppen, "schließlich haben wir auch ein fertiges Atomkraftwerk nicht in Betrieb genommen". Denn Brenner- und Koralmtunnel sind zwar Herzensangelegenheit der Landespolitiker, "gesamtwirtschaftlich sind sie aber fragwürdig", sagt Sammer. Die Kosten würden den Nutzen weit übersteigen.

Ähnlich Sebastian Kummer, Vorstand am Institut für Transportwirtschaft und Logistik an der Wirtschaftsuniversität Wien. Aus seiner Sicht ist der Semmeringtunnel "das einzig sinnvolle Projekt". Bei der Koralm sei der Bau schon zu weit fortgeschritten, aber beim Brenner müssten die Grabungen "so schnell wie möglich eingestellt werden".

Ob sich die Politik dazu durchringen kann, ist unwahrscheinlich. Vor allem Tirols Landeshauptmann Günther Platter wird entsprechend Druck auf seine Bundespartei machen. Daher empfehlen die Verkehrsexperten Sammer und Kummer, die Projekte Koralm und Brenner wenigstens deutlich zu redimensionieren. So soll der Koralmtunnel nur eingleisig angelegt werden. Damit könnte man laut Sammer rund 40 Prozent einsparen. Mehr Kapazität sei auch gar nicht nötig, da sich die Nachfrage auf der Koralmstrecke in Grenzen halte. Für den Brenner empfiehlt er, den Tunnel nur als Güterstrecke anzulegen. Das könnte die Kosten (wegen geringerer Sicherheitsmaßnahmen) um ein Drittel senken. Wenn man die Strecke nur eingleisig baue, spare man sich sogar die Hälfte, so Sammer.

"Mir als Politiker wärees ein zu großes Risiko"

Aber selbst dann sieht der Verkehrsexperte noch immer große Risiken, vor allem wegen der finanziellen Probleme Italiens. "Die Wahrscheinlichkeit, dass da bei der Finanzierung etwas schiefgeht, ist sehr groß. Mir als Politiker wäre es ein zu großes Risiko."

Aus Sammers Sicht wären die Milliarden für die Tunnelprojekte anderweitig besser angelegt: "Nur ein Bruchteil der Tunnelkosten in die Verbesserung der derzeitigen Infrastruktur zu stecken, brächte eine deutliche Verbesserung."

Aus Sicht des Verkehrsministeriums ist das ebenso keine Option wie eine Redimensionierung der Tunnelprojekte. Diese basierten auf Verkehrsprognosen, die einen Anstieg des Güterverkehrs auf der Südstrecke um 80 Prozent in den nächsten zwanzig Jahren vorhersagen. "Das ist mit der gegenwärtigen Infrastruktur nicht zu bewältigen", so ein Ministeriumssprecher.