Auch Tiere nutzen nonverbale Botschaften aktiv - Artenunterschiede spielen da kaum eine Rolle.
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York/Wien. Tagtäglich tauschen wir mit unseren Mitmenschen nonverbale Botschaften aus. Ein Lächeln zur Begegnung, ein Kopfnicken zur Bejahung, hängende Schultern bei Kummer oder ein Daumen hoch als Anerkennung. Der Körper ist niemals sprachlos. Die nonverbale Kommunikation ist wohl die älteste Form der Verständigung zwischen Menschen. Allerdings nicht nur zwischen ihnen. Denn auch Tiere kommunizieren in Ausdruck und Gestik. Grundsätzlich variiert die Körpersprache von Spezies zu Spezies. Bei Affen haben Wissenschafter nun allerdings festgestellt, dass auch über Arten hinweg bestimmte Gesten die gleiche Bedeutung haben.
Würden ein Bonobo und ein Schimpanse einander begegnen, wäre die gegenseitige Deutung des körperlichen Ausdrucks in den meisten Situationen die gleiche, berichten Forscher der Universitäten St. Andrews, York und Kyoto in einer gemeinsamen Studie im Open-Access-Journal "Plos Biology".
Die zwei Primatenarten sind zwar nahe Verwandte, doch haben sie sich immerhin vor ein bis zwei Millionen Jahren unabhängig voneinander weiterentwickelt. Zwar wussten die Wissenschafter bisher schon, dass Bonobos und Schimpansen viele gleiche Gesten anwenden, doch war bislang der Grad dieser Ähnlichkeit in ihrer Bedeutung nicht ganz klar.
Große Gemeinsamkeiten
In einem ersten Schritt definierten die Forscher bei Bonobos die Bedeutung ihrer nonverbalen Botschaften. In Folge beobachteten sie, welche Reaktion diese beim Gegenüber auslösten. Ersichtliche Zufriedenheit deutete darauf hin, dass der Artgenosse die Geste auch verstanden hat. Ein Beispiel dazu: Streckt ein Bonobo einem Kumpan seinen Arm entgegen, so fordert er ihn auf, auf seinen Rücken zu klettern. Dies erkannten die Forscher in ihren vielen Versuchen mit den Tieren. Anhand weiterer umfangreicher Beobachtungen konnten die Wissenschafter schließlich insgesamt 33 Bonobo-Gesten in ihre Bedeutungen übersetzen. In Folge verglichen sie diese mit bekannten körperlichen Botschaften von ihren Verwandten, den Schimpansen.
"Die Gemeinsamkeiten sind so groß, dass wir davon ausgehen, dass viele dieser Gesten biologisch vererbt worden sind", betont Kirsty Graham von Department of Psychology der University of York. Die Forscher hoffen, in Zukunft noch mehr über die Körpersprache der Affen zu lernen und wie sich diese in den Jahren entwickelt hat. Wobei: Missverständnisse werden wohl auch bei den Affen nicht ganz ausgeschlossen sein.
Denn auch Menschen sind nicht unfehlbar und vor Missverständnissen gefeit. Viele Emotionen scheinen quer über die Kulturen bestimmte Ausdrucksformen hervorzurufen. Stirnrunzeln gilt etwa allgemein als ein Zeichen von Ärger. Auch das Lächeln kommt weltweit zum Einsatz und wird durchwegs als positives Signal verstanden.
Missverständnisse
Doch gibt es auch Körpersignale, die nicht biologisch verankert sind, sondern sich kulturell entwickelt haben. Missverständnisse sind hierbei vorprogrammiert. Als Beispiel gelten hier besondere Handzeichen, die je nach Kultur unterschiedliche Bedeutungen haben können. So etwa das Zeichen "Daumen hoch". Während diese Geste hierzulande völlig unmissverständlich ein Ausdruck von Anerkennung oder Bestätigung ist, wird sie etwa in Kanada lediglich von Trampern genutzt. In Afghanistan, im Iran und Irak, aber auch in Australien kommt die Geste wiederum einer Beschimpfung gleich. In Syrien, Saudi-Arabien und im Libanon gilt die Daumen-Geste gar als Aufforderung zu homosexuellen Handlungen.
Die Forschungen bei den Affen sind wohl mit diesem Hintergrundwissen noch lange nicht abgeschlossen. Voraussetzung dafür wäre, dass auch sie Gesten bewusst entwickelt hätten, die Missverständnisse bergen könnten.