Die Salzburger geben sich angesichts des Skandals keiner Illusionen hin.
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Salzburg. "Die Leute haben es satt. Satt, dass nichts passiert." Unter anderem mit diesen Worten begründete Salzburgs Landeshauptfrau-Stellvertreter Wilfried Haslauer (ÖVP) seinen Vorstoß für vorgezogene Neuwahlen. Und die SPÖ verkenne die Stimmung in der Bevölkerung völlig, wenn sie darauf nicht mit Neuwahlen reagiere, sagt Haslauer.
Wenige Tage nach dem Bekanntwerden des Finanzskandals hörte sich die "Wiener Zeitung" in den Straßen der Landeshauptstadt um - und fand ein etwas anderes Bild, als Haslauer zeichnete. Sicher, die Menschen haben mit dem bekannt gewordenen Fall von Spekulationen mit Steuergeldern keine Freude. Und die SPÖ mag mit ihrer Strategie falsch liegen. Doch Sattheit oder gar Wut sehen anders aus als die Reaktionen der Salzburger Bevölkerung. Die ist eher von enttäuschtem Schulterzucken und mitleidigem Lächeln geprägt.
Ihre Laune wollen sich die Salzburger von diesem Politskandal nicht verderben lassen. "Sicher, ärgern tut’s jeden", sagt ein Mann mittleren Alters aus dem Pinzgau im "Europark", dem größten Einkaufszentrum des Bundeslandes. Besonders über den Skandal informiert hat er sich aber nicht. "Ich höre mir keine Nachrichten an. Die machen mich noch blöder, als ich eh schon bin", sagt er mit einem Lächeln.
"Gibt nie Konsequenzen"
Wenige Meter weiter sitzt eine junge Mutter mit ihrem Kleinkind auf einer Bank. Auch sie gibt an, nicht bestens informiert zu sein. Allerdings nicht aus eigenem Verschulden. "Gehört habe ich schon davon", sagt die Frau aus Anthering, einem Ort rund zehn Kilometer nördlich von Salzburg. "Aber Genaueres weiß ich auch nicht. Bei uns ist in den letzten Tagen die Zeitung wegen dem vielen Schnee nicht gekommen."
Eine dicke Schneedecke hat sich in den vergangenen Tagen über das Land gelegt, selbst in der Stadt sind es rund 15 Zentimeter. Die Durchschnitts-Salzburger beschäftigen sich lieber mit den kommenden Feiertagen als mit dem Finanzskandal. Eine Meinung hat sich die junge Mutter trotzdem schon gebildet: "Bei uns gibt es nie Konsequenzen, wenn so etwas passiert. Beim Skandal bei den Osterfestspielen war es das Gleiche. In einem halben Jahr wird das wieder vergessen sein." Die von Haslauer propagierten Neuwahlen befürwortet sie trotzdem. "Das gehört sich jetzt generell einmal. Nicht nur wegen dem Finanzskandal, es gab in letzter Zeit einfach zu viele Skandale." Wählen würde sie selbstverständlich gehen, das tue sie immer.
Kein Vertrauen in die Politik
Ein Lehrer, der unweit des Europarks unterrichtet, hält das genauso. Vor möglichen Wahlen wünscht er sich aber noch eine genaue Aufklärung, um zu wissen, wem er seine Stimme geben kann. "Ich verstehe nicht, wie so etwas so lange unbemerkt bleiben kann", sagt er. Eine Angestellte aus der Stadt, die gerade den Christkindlmarkt in der Altstadt besucht, sieht die Sache resignativer. "Mir fehlen die Worte", sagt sie. Von Neuwahlen hält sie nichts, die würden nichts bringen. Und sollte gewählt werden, wird ÖVP-Chef Haslauer ihre Stimme nicht bekommen - allerdings wird sie auch keinen seiner Mitbewerber wählen. "Ich habe das Vertrauen in die Politik verloren", sagt die Angestellte.
Zahlreiche Passanten in der Stadt könnten allerdings gar nicht wählen, selbst wenn sie wollten. Das liegt nicht nur am hohen Touristen-Anteil. Viele Einkäufer kommen aus dem westlichen Oberösterreich und nutzen die Nähe Salzburgs für Erledigungen.
Diese Nähe macht sich nicht nur im Stadtbild, sondern auch in der politischen Landschaft bemerkbar. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ist Oberösterreicherin, auch David Brenner, in dessen Finanzressort der jüngste Skandal aufflog, wuchs in Oberösterreich auf. Bis zum gesundheitsbedingten Ausscheiden von Landesrätin Cornelia Schmidjell, ebenfalls eine nach Salzburg gezogene Oberösterreicherin, hatte fast die halbe Landesregierung Oberösterreich-Bezug.
"Dann zocken halt andere"
Die Schriftstellerin Andrea Grill beschreibt das in ihrem Buch "Auf nach Salzburg" folgendermaßen: "Manchmal denke ich, Salzburg wäre geradezu leer, gäbe es keine Oberösterreicher. Die Oberösterreicher haben Salzburg für sich annektiert, vermutlich weil es in Oberösterreich bis vor wenigen Jahren keine richtig schöne Stadt gab."
Ob das stimmt oder nicht, sei dahingestellt, jedenfalls geben die Oberösterreicher in Salzburg lieber Auskunft über den Salzburger Skandal als die Salzburger selbst. So erklärt ein arbeitsloser Welser am Salzburger Christkindlmarkt: "Gegen die Frau (die beschuldigte Finanzbeamtin, Anm.) habe ich gar nichts. Die kann das alleine gar nicht gedreht haben." Neuwahlen, glaubt er, werden wenig verändern: "Das bringt gar nichts. Dann kommen halt andere, die zocken."
Ein pensionierter Tischler aus Sankt Pantaleon, gleich an der Grenze zwischen Salzburg und Oberösterreich, sieht das ähnlich. "Korrupt sind wir sowieso", sagt er. "Das ist die österreichische Mentalität, gemütlich und zu wenig selbstbewusst."