Tabakunternehmen erstattete Anzeige.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
John Dalli, der EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, ist aufgrund von Betrugsvorwürfen zurückgetreten. Das gab die EU-Kommission in Brüssel bekannt. Der 64-Jährige weist alle Anschuldigungen zurück.
Den Hintergrund für die Demission des Maltesers sind Ermittlungen der EU-Antibetrugsbehörde OLAF.
Die Vorwürfe gehen auf eine Beschwerde des schwedischen Tabakherstellers Swedish Match zurück. In dem Schreiben an OLAF berichtet das Unternehmen, dass es von einem maltesischen Unternehmer kontaktiert worden sei, der erklärte, im Kontakt mit Dalli zu stehen. Der Mann stellte den Schweden gegen finanzielle Zuwendungen die Einflussnahme auf die EU-Gesetzgebung in Aussicht. Insbesonders ging es dabei um den in Skandinavien verbreiteten Oraltabak Snus.
Snus darf laut den geltenden Vorschriften nicht exportiert werden. Allerdings soll das Export-Verbot im Rahmen einer geplanten Überarbeitung der Vorschriften für die Tabakindustrie überprüft werden.
<br style="font-weight: bold;" /> Umfangreicher OLAF-Bericht
OLAF untersuchte den Fall und sandte einen entsprechenden Bericht am 15. Oktober an die Kommission sowie an den Generalstaatsanwalt von Malta. Wie verlautete, gibt es darin keinen Beweis für Dallis direkte Beteiligung. OLAF vermutet jedoch, dass der Kommissar über die Verhandlungen informiert war.
Der Bericht stellt auch klar, dass die Gesetzgebung nicht beeinflusst wurde.
Die maltesischen Justizbehörden haben sich bislang weder zu ihrer Zuständigkeit noch zu den Vorwürfen geäußert.
Kommissionspräsident Barroso hat den für Verwaltung zuständigen Kommissar Maros Sefcovic aus der Slowakei zum interimsmäßigen Leiter des Ressorts bestimmt.
Korruption und Kommission
1995: Die Justizbehörden in Belgien und Luxemburg ermitteln gegen Beamte des Büros für humanitäre Hilfe (ECHO). Der Vorwurf: Sie sollen Hilfsgelder in Millionenhöhe für fiktive Mitarbeiter-Verträge abgezweigt haben.
März 1999: Ein "Bericht über Betrug, Missmanagement und Vetternwirtschaft" besiegelt das Schicksal der Santer-Kommission. In dem Papier werden fast die Hälfte der 20 Kommissare mit Korruptionsvorwürfen in Verbindung gebracht. Am 16. März treten Santer und sein gesamtes Kollegium zurück.
Juli 2003: Kommissar Neil Kinnock entlässt den Direktor des EU-Statistikamts Eurostat. Gegen drei Eurostat-Beamte werden Verfahren wegen Doppelabrechnungen und undurchsichtiger Auftragsvergaben eingeleitet.
Februar 2010: Die designierte EU-Kommissarin Rumjana Schelewa aus Bulgarienwird aufgrund dubioser Geschäfte vom Europaparlament abgelehnt.
16. Oktober 2012: Nach Betrugsvorwürfen tritt EU-Gesundheitskommissar John Dalli mit sofortiger Wirkung zurück.