Paris · Er war ein alter Weggefährte und treuer Knappe des französischen Präsidenten François Mitterrand. Ihm geht der Ruf voraus, ein brillanter Anwalt, intelligenter Politiker sowie ein | charmanter Freund der Damen zu sein. Schon bald jedoch muss sich Roland Dumas (77) wegen Korruption vor der Pariser Strafkammer verantworten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der ehemalige sozialistische Außenminister und "beurlaubte" Präsident des Verfassungsrates, eine der schillerndsten Persönlichkeiten im gesellschaftlichen Leben Frankreichs, steht damit vor dem
Scheideweg seiner Karriere. Es geht um einen jener vielen verschlungenen Pfade, die Gelder des französischen Elf Mineralölkonzerns genommen haben.
Da solche Affären in Frankreich mitunter auch mit einer Prise Erotik zu tun haben, ist seine Ex-Geliebte Christine Deviers-Joncour mit unter den sieben Angeklagten. Dumas soll von Elf-Schmiergeldern
in Millionenhöhe an sie gewusst und davon profitiert haben. Hehlerei und Missbrauch von öffentlichen Geldern · Elf war damals noch staatlich · nennt es der Staatsanwalt Jean-Pierre Dintillac.
Frankreich steht im Herbst vor einem Prozess, in dem es um eine Luxuswohnung in der Rue de Lille in Paris geht sowie um geschenkte griechische Statuen.
Die Untersuchungsrichterinnen Eva Joly und Laurence Vichnievsky zwingen den 77-Jährigen damit, den Anwaltsstuhl jetzt mit dem eines Angeklagten zu vertauschen. Roland Dumas hatte als Advokat die
Familie des ermordeten marokkanischen Oppositionellen Mehdi Ben Barka vertreten, berühmte Maler wie Picasso und Braque, aber auch Prominente vom Film und in einem Fall selbst Mitterrand. In den
Monaten vor seinem Auszug aus dem Elysee-Palast hatte Mitterrand den treuen Freund noch rasch auf den Posten des Verfassungsratspräsidenten mit neunjähriger Amtszeit gehievt. Ob er den wirklich
behalten kann, ist nun eine offene Frage.
Normalerweise wäre Dumas noch bis Februar 2004 im Amt. Die Rufe nach einem Rücktritt aus seiner Sozialistischen Partei hat es bereits gegeben, wenn auch noch nicht sehr laut.
Die Untersuchungsrichterinnen, eifrig im Durchforsten des schwer zugänglichen Elf-Affären-Dschungels, sind unterdessen weit entfernt davon, Akten schließen zu können. Es geht weiterhin um den Kern
des umstrittenen Fregatten-Geschäfts mit Taiwan, um dunkle Hintergründe bei dem Verkauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie an Elf Aquitaine, um 44 mögliche Scheinanstellungen der Schweizer Elf-Filiale
und um einiges andere. Es geht um Schmiergelder, Kommissionen, Geschenke. Da sieht der Fall Dumas und Deviers-Joncour nur nach einer Etappe aus.