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Die Lernfähigkeit von Banken scheint begrenzt. Wie sonst ließe es sich erklären, dass Fehlspekulationen einzelner Händler immer wieder zu Milliardenverlusten führen? Barings Bank (1995), Bawag (bis 2000), Société Générale (2008), UBS London (2011) oder JP Morgan Chase (2012) sind nur einige Fälle, die gute Argumente dafür liefern, dass es staatliche Vorschriften braucht.
Bei einem Grundpfeiler der Regulierung - den Kapitalvorschriften, die global als "Basel III" bekannt sind - hat Europa am Dienstag einen Riesenschritt gemacht. Die EU-Staaten und kurz zuvor auch die Polit-Fraktionen im EU-Parlament haben sich jeweils auf Kompromisse geeinigt. Damit ist der Weg frei für finale Verhandlungen. Mögen sich auch noch Details ändern: Das Bankgeschäft wird sicherer, weil die Institute mehr und höherwertiges Kapital haben müssen, das Verluste auffangen kann. Im Zuge der Krise hatte sich nämlich herausgestellt, dass einige kreative Kapitalinstrumente nur auf dem Papier vorhanden waren. Auf lange Sicht müssen die Banken obendrein ihre Liquiditätssteuerung umstellen und sich längerfristig finanzieren. Die Gefahr, dass ihnen in Akutsituationen das Geld ausgeht und sie den "schnellen Bankentod" sterben, wird so verringert.
Jede Regulierung hat freilich ihre Kehrseite - ein Korsett verleiht Stabilität, kann aber die Luft zum Atmen nehmen, wenn es zu eng geschnürt wird. So auch hier. Vor allem das Timing ist heikel. Die Banken können derzeit Kapitalerhöhungen über die Börse praktisch vergessen. Ein Einbehalten von Gewinnen ist ebenfalls schwierig. Somit steigt die Gefahr, dass die Banken die Kriterien über das Drosseln der Kreditvergabe erfüllen wollen. Im Moment ist die Nachfrage ohnehin schwach, aber sollte sich die Wirtschaft erholen, werden die (schon jetzt verschärften) Kreditkonditionen zum Problem, warnt Wifo-Experte Thomas Url.
Nicht jede Bank macht Spekulationsgeschäfte wie die anfangs erwähnten. Die EU hat aber beschlossen, dass "Basel III" für alle 8300 EU-Banken gelten soll. Es besteht die Gefahr, dass gerade solide Geschäftsbanken dadurch über Gebühr belastet werden. Das Parlament will, dass zumindest Kredite für kleine und mittlere Unternehmen begünstigt werden. Nicht restlos ausgeräumt sind ferner Bedenken, dass riskante Geschäfte in Schattenbanken ausgelagert werden könnten. Und ob die USA bei den Regeln diesmal adäquat nachziehen, bleibt abzuwarten - sonst droht ein verzerrter Wettbewerb.
Illusionen sollte man sich jedenfalls nicht hingeben: Geschäftszweck von Banken ist und bleibt es, Risiken zu managen. Hundert Prozent Sicherheit wird es dabei nie geben.