Analyse: Gespräche stehen unter schlechtem Stern. | Radikalisierung auf beiden Seiten. | Am Montag trat der UN-Sicherheitsrat zusammen, um grünes Licht für Verhandlungen über den künftigen Status der südserbischen Provinz Kosovo zu geben, die am 2. November starten könnten.
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Ein diplomatisches Wagnis, dass sich äußerst kompliziert gestalten dürfte: Zunächst einmal gibt es in Serbien in dieser sensiblen Frage immer noch keine einheitliche Verhandlungslinie. In den Kabinetten des serbischen Ministerpräsidenten, des Präsidenten und des Außenministers wird jeweils an einer eigenen Strategie gebastelt. Einer dieser Pläne sieht jedenfalls vor, dass das Kosovo die legislative, juridische und exekutive Gewalt erhält, außenpolitische Belange und die Grenzkontrolle aber weiter dem Gesamtstaat obliegen.
Die Unabhängigkeit der Provinz ist für Belgrad unannehmbar. Den meisten Serben gilt das Kosovo als "heiliges Land"; eine Abspaltung würde als Verrat gelten. Für die Albanische Bevölkerungsmehrheit im Kosovo ist hingegen gerade die uneingeschränkte Souveränität unabdingbar.
Die Verhandler unter Leitung des ehemaligen Finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari stehen vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Die Unabhängigkeit des Kosovo, so warnen Beobachter, könnte eine Radikalisierung der in Serbien immer noch einflussreichen Nationalisten zur Folge haben. Diese könnten zur Rückeroberung der zuletzt 1998/99 verwüsteten Region aufrufen.
Unter Umständen wäre jedoch eine Selbstständigkeit des Kosovo für Belgrad wie Pritina akzeptabel, wenn der serbisch dominierte Norden an Serbien fiele. Dies fände derzeit aber innerhalb der internationalen Gemeinschaft keine Zustimmung.
Von den USA und der EU wird eine Zwischenlösung erwogen. Demnach könnte das Kosovo eingeschränkte Unabhängigkeit mit Aussicht auf völlige Souveränität erhalten. Die UNO bliebe dann noch einige Zeit in der Region, um vor allem den Umgang Pritinas mit der serbischen Minderheit zu überwachen. Diese Option kommt aber für Serbien keinesfalls in Frage.
Die zuletzt im Kosovo beobachtbare Radikalisierung militanter Albaner belastet die Gespräche zusätzlich. Sollte es nicht zur Unabhängigkeit der Provinz kommen, werde man vor Gewalt gegen Serben und UN-Mitarbeiter nicht zurückschrecken, hieß es bei radikalen Albanern.