Österreichs Außenpolitik zeigt nach langem wieder einmal eine Kante. Erstmals seit dem Partisanenkampf von Ursula Plassnik gegen einen türkischen EU-Beitritt profiliert sich Österreich wieder in einer wichtigen internationalen Frage: Es ist heute einer der stärksten Befürworter des Ahtisaari-Plans für den Kosovo.
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Dieser vom ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari und dem österreichischen Ex-Diplomaten Albert Rohan ausgearbeitete Plan sieht eine weitgehende Unabhängigkeit der einstigen "autonomen" Provinz Serbiens vor (sowie viele Schutzklauseln für die serbische Minderheit im Kosovo).
Am Montag findet in Wien eine weitere Kosovo-Runde zwischen Russland, der EU und den USA und Vertretern aus Belgrad sowie Pristina statt. Belgrad lehnt weiter eine Unabhängigkeit des Kosovo ab, Pristina hingegen jede verfassungsrechtliche Bindung an Serbien. Die Gespräche stehen unter großem Zeitdruck. Am 10. Dezember läuft das UN-Mandat für diese Verhandlungen aus. Die politischen Führer des Kosovo wollen bei einem Scheitern mit einer einseitigen Implementierung des Ahtisaari-Planes beginnen.
Das wird von Belgrad und seinen russischen Mentoren strikt abgelehnt. Die USA und große Teile der EU sind hingegen für den Plan. Plassnik mit der nachvollziehbaren Begründung: "Wir brauchen keine eingefrorenen Konflikte in Europa." Erstmals sind Österreichs Diplomaten aber auch zu einer deutlichen Sprache gegenüber Moskau bereit: "Wir haben uns unter Schmerzen im Irak-Konflikt von den USA getrennt; jetzt ist es Zeit, uns im Kosovo-Zwist von den Russen zu trennen."
Der Vergleich mit dem Irak-Krieg ist mutig: Denn damals gab es nicht nur "Schmerzen" zwischen den USA und Europa, sondern noch viel größere innerhalb der EU. Und genau das droht nun auch im Fall Kosovo.
Denn auch da ist das Lager der Kosovo-Freunde lange nicht so geschlossen, wie es Wien gerne sehen würde. Alle jene Mitgliedsstaaten, auf deren Territorium größere Minderheiten leben, sind extrem skeptisch gegenüber einem grünen Licht für eine Selbstbestimmung der Kosovaren. Dazu zählen etwa Spanien (mit dem Baskenproblem), die Slowakei (mit der großen ungarischen Minderheit), Zypern (mit der nur von Ankara anerkannten Sezession eines türkisch kontrollierten Teils) sowie die baltischen Staaten (mit ihrer unruhigen russischen Minderheit).
Man darf gespannt sein: Setzt Wien seine mutige Haltung fort (wie einst zugunsten Kroatiens und Bosniens)? Schwenkt es auf eine vorsichtige Neutralität ein (wie beim Irak-Krieg)? Oder knickt es ein (wie bei der Forderung nach rechtlichen Garantien gegen den deutschen Ansturm auf die heimischen Universitäten)?
Experten bieten schon Wetten an, ob es auch in dieser Frage zu einem koalitionsinternen Zwist kommen wird.