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Kosovo: Schwere Vorwürfe gegen UNO-Polizisten aus Österreich

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Wien - In einem Bericht der "Washington Post" wurden Mittwoch unter Berufung auf UNO-Vertreter und vertrauliche UNO-Dokumente schwere Vorwürfe gegen Österreich erhoben. Indem ein österreichischer Polizeibeobachter, dem ein schwerer Übergriff auf einen verdächtigen Kosovo-Albaner vorgeworfen worden war, nach Österreich ausgeflogen wurde, habe Österreich ein UNO-Verfahren gegen den Beschuldigten hintertrieben, heißt es in der "Washington Post". Gerald Hesztera, Sprecher des Innenministeriums, sagte auf Anfrage der "Wiener Zeitung", man habe den Betroffenen aus gravierenden medizinischen Gründen nach Österreich zurückgebracht und sei im Übrigen an einer fairen und schnellen Untersuchung der Vorwürfe durch die UNO interessiert.


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M. A., einem von 50 österreichischen Mitgliedern der UN-Polizeitruppe im Kosovo, die mithelfen soll, das lokale Polizeikorps in eine demokratische Polizeitruppe weiterzuentwickeln, werden massive Vorwürfe gemacht. Gemeinsam mit zwei kosovoalbanischen Polizisten soll er einen ethnisch-albanischen Tatverdächtigen bei einem Verhör schwer misshandelt haben. Dem Verdächtigen sei in den Magen geschlagen worden, dann habe man ihn sein eigenes Grab ausheben lassen und er sei gezwungen worden mit einem Schild mit der Aufschrift "Ich hasse Serben" durch eine serbische Enklave zu gehen, heißt es in dem von der "Washington Post" zitierten Bericht des UN-Beauftragten für das Kosovo, Michael Steiner. M. A. und mindestens zwei kosovoalbanische Polizisten sind deswegen am 26. Februar in der Region von Prizren festgenommen worden.

Von einschlägig ausgebildeten UN-Kräften selbst seien gravierende medizinische Probleme bei M. A. festgestellt worden und er sei einem deutschen KFOR-Arzt zugeführt worden, der diese Diagnose bestätigte, sagte Innenministeriums-Sprecher Hesztera im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" - ohne den Bericht der "Washington Post" zu bestätigen, es habe sich um akute Selbstmordgefahr gehandelt. M. A. sei dann an eine Einrichtung des österreichischen Bundesheeres im Kosovo überstellt worden, wo man nach dem Vorliegen von Gutachten eine Repatriierung aus medizinischen Gründen befürwortet habe.

Hesztera betonte, man habe die UNO schriftlich gebeten, die Ergebnisse der Untersuchungen im Kosovo zu übermitteln, um gegen den betroffenen Beamten gegebenenfalls gerichtliche und disziplinäre Schritte in Österreich einzuleiten. Eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft sei schon in der Vorwoche erfolgt.

Die "Washington Post" berichtet, dass M. A. am Donnerstag der Vorwoche von österreichischen Offizieren über die mazedonische Grenze auf einen Flughafen bei Skopje gebracht und von dort mit einem bereitstehenden Flugzeug nach Wien geflogen worden sei. "Es gibt wenig Zweifel an der aktiven Teilnahme österreichischer Bevollmächtigter" wird Steiner, zitiert. Die "Washington Post" fügt auch hinzu, dass die UNO ähnlichen Vorkommnissen immer wieder gegenübersteht. UN-Mitglieder, inklusive die USA, würden routinemäßig Angehörige von Polizei- und Friedenstruppen, denen kriminelles Verhalten vorgeworfen wird, repatriieren.

Von offiziellen UNO-Vertretern wird aber betont, dass es von Seiten Österreichs keine Informationen gegeben habe, dass man A. aus dem Kosovo wegbringen wolle. Vielmehr hätten österreichische Diplomaten den Vereinten Nationen zugesichert, dass sie mit den UN-Stellen bei der Untersuchung des betreffenden Falles kooperieren würden.

Die "Washington Post" berichtet auch, dass interne UN-Dokumente darauf schließen ließen, dass von österreichischer Seite aktiv versucht worden sei, UN-Pläne hinzuhalten, die diplomatische Immunität des betroffenen österreichischen Polizisten aufzuheben. Am Tag der Repatriierung A.s habe Österreichs UN-Botschafter Gerhard Pfanzelter UN-Generalsekretär Kofi Annan einen Brief überbracht, in dem gebeten wurde, eine Entscheidung über die diplomatische Immunität aufzuschieben, bis eine Untersuchung mit österreichischer Beteiligung durchgeführt wurde. Pfanzelter habe auch davor gewarnt, dass Österreich seine Teilnahme an friedenserhaltenden UN-Operationen beenden könnte, wenn der Zwischenfall nicht zu Österreichs Zufriedenheit gelöst werde.

Ferrero-Waldner:

"Ein Missverständnis"

Außenministerin Benita Ferrero-Waldner betonte am Abend, dass eine Beendigung des österreichischen UNO-Engagements im Kosovo nicht zur Diskussion stehe. Anderslautende Berichte in amerikanischen Medien seien "ein Missverständnis".