Gespräche laufen nur noch bis zum 10. Dezember. | Plassnik hofft auf einen Kompromiss. | Brüssel. Die Nervosität in der EU wächst. Nur noch knapp drei Wochen laufen die Verhandlungen über den künftigen Status des Kosovo zwischen Belgrad und Pritina unter dem Dach der so genannten Troika aus EU, USA und Russland. Mit der Verhandlungsrunde heute, Dienstag, in Brüssel gehen die Gespräche in die entscheidende Phase.
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Obwohl die Chancen auf eine Einigung der beiden Parteien allgemein als gering eingeschätzt werden, erklärten die Außenminister der Union am Montag ihre politische Rückendeckung für eine einvernehmliche Lösung. Diese sei das "Wunschszenario", erklärte etwa die österreichische Ressortchefin Ursula Plassnik: "Der 10. Dezember naht in Riesenschritten. Die Zeit läuft ab." Gerade der Zeitdruck könnte noch Bewegung in die Gespräche bringen. Schließlich handle es sich sowohl bei den Serben als auch den Kosovaren um "Europäer auf ihrem Weg in die EU". Sollte es kein Einvernehmen geben, womit "realistischer Weise" auch gerechnet werden müsse, sei die Einigkeit der EU entscheidend. Und sie könne nicht bestätigen, dass "es wesentlich unterschiedliche Positionen der EU-Mitgliedsstaaten" in der Kosovo-Frage gebe.
Einigen Ländern mit territorialen Problemen oder nach Autonomie strebenden Minderheiten wird allerdings nachgesagt, mit der von Pritina geforderten Unabhängigkeit des Kosovo wenig Freude zu haben. Besonders zypriotische Regierungsmitglieder haben sich wiederholt öffentlich in diese Richtung geäußert. Der Nordteil der Insel ist seit Jahrzehnten von türkischen Truppen besetzt.
Wahlsieger Thaci
Die wahre Belastungsprobe für die Einigkeit der EU wäre daher die bereits mehrfach von Vertretern Pritinas angekündigte einseitige Unabhängigkeitserklärung des überwiegend von Albanern bewohnten Kosovo. Zuletzt hat der Gewinner der Wahlen am Wochenende, der ehemalige Unabhängigkeitskämpfer Hashim Thaci, diese Option bekräftigt. Die USA haben Pritina für den Fall bereits mehrfach die Anerkennung zugesagt, manche EU-Länder hätten mit einseitigen Schritten ohne Sanktus des UNO-Sicherheitsrats aber massive Probleme. Auch Russland lässt keine Gelegenheit aus, die EU vor der Unterstützung der "Separatisten im Kosovo" zu warnen. Moskau will im Sicherheitsrat nur eine Lösung unterstützen, mit der auch Serbien einverstanden ist - für Belgrad ist ein formell unabhängiger Kosovo ein rotes Tuch.
Immerhin sei positiv zu vermerken, dass die Wahlen in der unter UN-Verwaltung stehenden Provinz angesichts der angespannten Lage in einer "Atmosphäre der Ruhe und Würde" stattgefunden hätte, sagte Plassnik. Dabei konnte sich Thacis Partei PDK mit 34 Prozent der abgegebenen Stimmen von den anderen Kandidaten absetzen. Die PDK ist die Nachfolgeorganisation der Kosovo-Befreiungsarmee UCK. Ein "Wermutstropfen" sei die niedrige Wahlbeteiligung von unter 45 Prozent, so Plassnik. Die serbische Minderheit hatte die Wahlen fast geschlossen boykottiert.
Auch wenn Thacis "einzige politische Agenda" die Unabhängigkeit sei, müsse seine Wahl keine Zuspitzung der Lage bedeuten, hieß es. Er habe nämlich bereits angekündigt, keine einseitigen Schritte ohne Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft unternehmen zu wollen. Tatsächlich halte er ihn für gemäßigter als den bisherigen Premier Agim Ceku, sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Sollte es tatsächlich zu einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung kommen, wird damit nicht vor Mitte Jänner 2008 gerechnet. Zumindest die ersten Beratungen des Troika-Berichts vom 10. Dezember dürfte Pristina auf massiven Druck der EU abwarten.