Zum Hauptinhalt springen

Kosten bei europäischer Kernfusion explodieren

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wissen

Kommission will Blankoscheck für Finanzierung von Forschungsreaktor. | Brüssel. Der Weg zur Kernfusion, der Technik der Sonne, als endgültige Lösung für den Energienachschub wird viel teurer und weiter als erwartet. Wie die explodierenden Kosten bewältigt werden könnten, beraten die Forschungsminister bei ihrem Treffen heute, Mittwoch. Auf wenig Gegenliebe waren vorab Ideen der EU-Kommission gestoßen. Die hätte am liebsten einen Blankoscheck von den Mitgliedstaaten, dass die den Forschungsreaktor Iter im südfranzösischen Cadarache bis zur Fertigstellung bezahlen, was immer er auch kostet.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Vor allem beim Zahlmeister Deutschland schrillen aber angeblich bereits die Alarmglocken. Erstmals könnte sich ein wichtiger Partner von dem internationalen Vorzeigeprojekt distanzieren, weil über die Projektdauer bis zu 900 Millionen Euro Mehrkosten auf den deutschen Haushalt zukommen könnten, wie Experten schätzen.

Budget reicht nicht aus

Insgesamt haben sich die Kostenschätzungen für den Bau seit dem Start 2006 auf rund 15 Milliarden Euro verdreifacht. Davon muss knapp die Hälfte von der EU, der Rest von den anderen Partnern USA, Russland, China, Indien, Japan und Südkorea getragen werden. Allein für die Jahre 2012 und 2013 müssten die EU-Staaten 1,4 Milliarden Euro nachschießen oder das EU-Forschungsbudget mit einem Trick aufstocken, fordert die Kommission. Der zusätzliche Finanzbedarf sprengt nämlich den EU-Finanzrahmen von 2007 bis 2013 im Forschungssektor. Einige EU-Länder fordern im Gegenzug vor allem dringend eine bessere Projektleitung. Schließlich sei die Kostenexplosion vor allem wegen massiver Fehlkalkulationen zu verzeichnen, kritisieren Experten.

Und auch der Zeitplan wackelt: 2026 sollte erstmals für 15 Minuten mehr Energie geliefert werden, als für die Aufrechterhaltung der Kernfusion nötig ist. Dafür werden die Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium laut der Iter-Projektleitung auf 150 Millionen Grad Celsius erhitzt. Die tatsächliche Stromgewinnung ist erst für das Nachfolgeprojekt Demo vorgesehen, das frühestens 2040 fertig sein soll.