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Kosten für den Atomausstieg zahlt der Konsument - jene der Atomkraft auch

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Die Atomkatastrophe von Fukushima brachte den deutschen Ökostrom-Anbietern regen Zulauf von zehntausenden Neukunden. Daraus zu schließen, die Konsumenten würden die angekündigten Strompreiserhöhungen infolge des Atom- | ausstiegs willig schlucken, wäre allerdings kühn. Denn Hartz-IV-Empfänger können selbst eine geringe Kostensteigerung nicht leicht verkraften. Diese haben allerdings ohnehin keine Lobby. Da wird das Jammern der energieintensiven Branchen wohl größere politische Wirkung zeigen.


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In Deutschland wird derzeit heftig über die Kostenfragen diskutiert, ist es doch derzeit das einzige Land, das den Ausstieg aus der Atomkraft möglichst schnell umsetzen will. Viele nennen das Jahr 2020 als Zieldatum, werden aber immer wieder rasch auf die enormen Kosten eines solchen "Turbo-Ausstiegs" hingewiesen. 170 Milliarden Euro würde er kosten, hat das Magazin "Der Spiegel" errechnet.

Wer darüber klagt, sollte allerdings auch die Ausgaben berücksichtigen, die entstehen, wenn etwas schiefgeht. Japan ist dafür (noch) kein geeignetes Beispiel, den die Schäden für die dortige Volkswirtschaft sind derweil noch auf Beben und Tsunami zurückzuführen. Zum 25. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl bieten sich aber die dortigen Folgekosten zum Vergleich an, auch wenn sie sich nicht leicht berechnen lassen. So schwanken die Angaben zwischen 100 und 200 Milliarden Euro. Allein die Sanierung des Sarkophags würde rund 1,6 Mil liarden Euro kosten, das Geld dafür ist trotz internationaler Versprechungen noch nicht zusammengekommen. Und das Leid, das zehntausende Menschen in Folge des Reaktorunglücks ertragen mussten und noch ertragen werden müssen, lässt sich ohnehin nicht in Zahlen berechnen.

Bleiben wir trotzdem noch beim schnöden Geld: Ein Super-GAU in Deutschland würde nach Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums rund 5000 Milliarden Euro kosten. Verglichen damit wären 170 Milliarden Euro ein Pappenstiel. Aber selbst wenn man von der unrealistischen Annahme ausgeht, dass so etwas in Europa nicht passieren kann, werden oft die Kosten vergessen, die auch im Normalbetrieb eines Kernkraftwerks anfallen. Und dabei ist noch gar nicht von den - meist gut versteckten - Subventionen die Rede, die die Atomindustrie kassiert hat, denn auch die erneuerbaren Energien werden auf solche angewiesen sein.

Aber zur "billigen" Atomenergie trägt auch bei, dass Kosten für die Zwischenlagerung und den Transport von Atommüll dorthin noch nicht eingerechnet sind, ganz zu schweigen von den Endlagern - denn diese gibt es ohnehin weltweit nicht. Und völlig unklar ist, was der Abriss von Atomanlagen kostet. In der Slowakei entstanden bisher Kosten von 400 Millionen Euro für die Stilllegung der zwei Reaktoren von Bohunice V1 - bezahlt haben das über den Strompreis die Verbraucher.