Tipps für Chefs in Krisenzeiten. | Entgelt- oder Arbeitszeitkürzung als Alternativen. | Wien. Wer sich bisher keine Gedanken darüber machen musste, ist in der Wirtschaftskrise anscheinend noch glimpflich davongekommen. Rar sind jene Unternehmen, in denen Personalabbau derzeit kein Thema ist.
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Wer jedoch Mitarbeiter kündigen will, sollte höllisch aufpassen. Denn der rechtliche Rahmen ist sehr streng, und Verstöße sind kostspielig. Wolfgang Kapek, Rechtsanwalt bei ENWC, weiß aus Erfahrung, dass Arbeitgebern hier oft Fehler unterlaufen.
Besonders heikel ist die Lage, wenn mehrere Mitarbeiter gekündigt werden sollen. Ab einer gewissen Anzahl von Kündigungen gilt nämlich das Massenkündigungsverfahren. Hier muss der Arbeitgeber zuerst das Arbeitsmarktservice (AMS) von dem beabsichtigten Personalabbau verständigen und dann 30 Tage abwarten. Kündigungen innerhalb dieser Frist sind unwirksam. Dasselbe gilt für einvernehmliche Auflösungen. "Ein Verstoß kann sehr teuer werden, weil man dann den Mitarbeiter noch länger behalten muss", erklärt Kapek der "Wiener Zeitung".
Peu à peu gekündigt
Das Massenkündigungsverfahren gilt grundsätzlich, wenn fünf Prozent der Belegschaft gekündigt werden sollen. Bei Betrieben von einundzwanzig bis zu hundert Arbeitnehmern tritt sogar schon bei der Kündigung von fünf Mitarbeitern das Massenkündigungsverfahren auf den Plan, bei mehr als 600 Mitarbeitern reichen dreißig beabsichtigte Auflösungen aus.
Auch das Alter der Arbeitnehmer spielt eine Rolle. Sollen fünf oder mehr Personen, die älter als 50 Jahre sind, gekündigt werden, ist das AMS jedenfalls zu verständigen - unabhängig von der Betriebsgröße. Der Arbeitgeber muss hier auch 30 Tage ab Meldung warten, bis er die Kündigungen aussprechen darf.
Gefinkelte Unternehmer könnten versuchen, die Formalismen des Massenkündigungsverfahrens zu umgehen, indem sie die beabsichtigten Kündigungen nicht auf einmal durchführen, sondern auf mehrere Monate aufteilen, sodass sie sich immer unter der Grenze für Massenkündigungsverfahren bewegen. Das hätte zwar für das Verfahren beim AMS keine Konsequenzen, Kapek rät aber trotzdem davon ab. Wenn der Betriebsrat Wind von einem solchen Plan bekommt, wird er die Kündigungen zusammenrechnen und das melden. Die Konsequenzen sind dann ähnlich wie bei einem Massenkündigungsverfahren: Es muss in aller Regel einen Sozialplan geben.
Kapek rät dem Arbeitgeber zu besonderer Vorsicht beim Ausverhandeln des Sozialplans. "Im Sozialplan ist es wichtig, den Anlassfall sowie Befristungen und Bedingungen zu vereinbaren", betont er. Insbesondere solle man vorsorgen, dass die betroffenen Dienstnehmer nicht doppelt kassieren. Man stelle sich folgendes Szenario vor: Der Dienstnehmer nimmt die Leistungen aus dem Sozialplan in Anspruch und ficht aber gleichzeitig auch seine Kündigung an. "Der Arbeitgeber sollte für den Sozialplan vereinbaren, dass die Leistungen nur der bekommt, der eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses akzeptiert. Folglich kann man die Auflösung nicht mehr anfechten", empfiehlt Kapek.
Kündigungen sind allerdings nicht die einzige Lösung für Unternehmen, die in Krisenzeiten beim Personal sparen müssen. Wer seine Mitarbeiter behalten möchte, könnte versuchen, mit diesen eine Entgelt- oder Arbeitszeitkürzung zu vereinbaren. "Das geht jedoch nur durch eine Änderung des Dienstvertrags und bedarf daher der Zustimmung der Mitarbeiter", gibt Kapek zu bedenken. Der Betriebsrat muss hingegen nicht konsultiert werden. Eine Entgeltkürzung darf aber niemals unter die kollektivvertraglichen Grenzen gehen.
Änderungskündigung
Stimmen die Mitarbeiter den Änderungen nicht zu, könnte sie der Arbeitgeber durch eine sogenannte Änderungskündigung umstimmen. In diesem Fall kündigt man den Dienstnehmer und bietet diesem gleichzeitig einen neuen Vertrag mit geänderten Bedingungen an. "Das funktioniert oft dann, wenn die Mehrheit der Belegschaft den Änderungen zugestimmt hat und nur wenige Hardliner ablehnen", sagt Kapek.