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Kovats fährt nochmals gegen Wand

Von Karl Leban

Wirtschaft
Eines der vielen AE&E-Großprojekte, die jetzt stillstehen, ist eine Rauchgasentschwefelungsanlage für ein Steinkohle-Kraftwerk am deutschen Standort Lünen. Foto: AE&E

AE&E Group bietet Gläubigern 20-Prozent-Quote. | Größte A-Tec-Sparte vor der Zerschlagung. | Wien. Zunächst waren die Gespräche mit den Banken über neue Kreditlinien und Haftungen gescheitert, dann die Gespräche über die Hereinnahme eines rettenden Investors. Am Ende des wochenlangen Spießrutenlaufs blieb der schwer maroden Austrian Energy & Environment (AE&E) nur noch der Gang zum Konkursgericht. Am Mittwoch musste wegen Überschuldung und leerer Kassen Insolvenz angemeldet werden.


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Die Pleite von Mirko Kovats Industrieholding A-Tec, an der die im Anlagenbau tätige AE&E hängt, schlägt damit noch höhere Wellen. Die Passiva der AE&E Group GmbH - sie ist die Dachgesellschaft für alle operativen Töchter - belaufen sich auf 558 Millionen Euro. Diesem Betrag stehen laut Kreditschutzverband (KSV) Aktiva von lediglich 137 Millionen gegenüber.

Die Insolvenz der AE&E potenziert den bisherigen Schaden durch die A-Tec-Insolvenz - allein dort betragen die Passiva 370 Millionen Euro - nochmals erheblich. Denn mit dem finanziellen Zusammenbruch der größten Tochter (siehe Grafik) sind bei der Mutterholding A-Tec nun Haftungen von 80 bis 100 Millionen Euro schlagend geworden.

Abverkauf von Assets

Beim Handelsgericht Wien hat das AE&E-Management ein Sanierungsverfahren beantragt - aber anders als A-Tec eines ohne Eigenverwaltung. Demnach soll ein Sanierungsverwalter eingesetzt werden. Das Gericht hat das Insolvenzverfahren noch am Mittwoch eröffnet. Ihren Gläubigern - in Summe sind es 128 - bietet die AE&E Group die gesetzliche Mindestquote von 20 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren. Laut KSV soll diese Quote durch den Verkauf werthaltiger Assets finanziert werden.

Damit ist klar: Die AE&E- Gruppe, die im Vorjahr mit weltweit 5200 Mitarbeitern auf 1,8 Milliarden Euro Umsatz kam und als Herzstück von Kovats Firmen-Imperium gilt, wird zerschlagen. "Kein Stein wird auf dem anderen bleiben", so ein Insider. "Dort, wo Geld winkt, wird man sichs holen."

Für den Kauf von Filetstücken kommen vor allem jene Interessenten in Frage, die sich schon unmittelbar vor der Insolvenz ins Spiel gebracht hatten. Dazu gehören der Grazer Anlagenbauer Andritz, eine Gruppe um den österreichischen Investor Georg Stumpf und eine namentlich nicht bekannte Partnerfirma der Schweizer AE&E-Gläubigerbank UBS. Auch die chinesische Firma Mass und der südkoreanische Mischkonzern Doosan, die ursprünglich an der gesamten AE&E-Gruppe interessiert waren, könnten sich wieder einklinken.

Warum Austrian Energy gegen die Wand gefahren ist, hat viele Gründe. Laut A-Tec waren es vor allem zwei Kraftwerksprojekte in Australien, bei denen die Kosten aus dem Ruder liefen. Dies soll auch ein wesentlicher Auslöser für die Insolvenz der Mutter A-Tec Ende Oktober gewesen sein. Allein die Verluste aus den beiden Projekten der früheren Vorzeigedivision, die in den letzten Jahren stets Gewinne schrieb, sollen sich auf mehr als 100 Millionen Euro summieren. Indes wird seitens der AE&E-Betriebsräte kritisiert, dass Kovats das Unternehmen finanziell ausgehöhlt habe, um bei anderen Betrieben der A-Tec-Gruppe Löcher zu stopfen und die Expansion seines Industriekonzerns voranzutreiben.

Früher Teil der VA Tech

Die AE&E ist vor rund 20 Jahren aus den beiden Firmen Simmering-Graz-Pauker und Waagner-Biro hervorgegangen. In den 90er Jahren war sie ein Teil des börsenotierten VA-Tech-Konzerns. 1999 brachte die VA Tech das Unternehmen in die deutsche Babcock ein. Babcock ging 2002 pleite. Kovats nutzte die Gunst der Stunde und kaufte die Austrian Energy aus der Masse. Dabei stach er Konkurrenten wie Andritz aus.

Nach der Akquisition internationalisierte Kovats das Geschäft des Nischenplayers AE&E durch zahlreiche Zukäufe in Europa, Asien und den USA. So wurde 2003 etwa die Schweizer Firma Von Roll Inova übernommen (für die sich jetzt Georg Stumpf interessieren soll), und 2004 die Babcock Espana.

Spezialisiert ist die AE&E u. a. auf Kesselanlagen und Gasreinigungssysteme, aber auch auf Abfallbehandlungsanlagen, Kohlevergaser und komplette Kraftwerke. Der Firmensitz ist in Wien, die wichtigste Produktionsstätte aber in Raaba bei Graz.

Von den insgesamt 5200 Mitarbeitern an weltweit 50 Standorten sind in Österreich noch rund 600 Leute beschäftigt. Über die Insolvenz wurden sie am Mittwoch in Betriebsversammlungen informiert. Bis dato sind dem Vernehmen nach noch keine Mitarbeiter beim Frühwarnsystem des AMS zur Kündigung angemeldet worden. Der Börsenkurs der A-Tec brach am Mittwoch massiv ein - und zwar um mehr als 20 Prozent.