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KP unterstreicht zum Geburtstag ihre Machtansprüche

Von Klaus Huhold

Politik
Mit einer großen Feier huldigte die KP ihrem 100-jährigen Bestehen.
© Reuters / Carlos Garcia Rawlins

Selbstbewusst macht Generalsekretär Xi Jinping deutlich, wie er die Rolle Chinas in der Welt sieht.


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Die in alle Welt übertragene Festveranstaltung war sorgfältig orchestriert: Begleitet von einer Militärkapelle sangen Chöre von tausenden Sängern und Sängerinnen Lieder zu Ehren Chinas und der Kommunistischen Partei, die an diesem Donnerstag ihren 100. Geburtstag feierte. Der Platz des Himmlischen Friedens in Peking war entsprechend mit 100 großen Nationalflaggen gesäumt, eine Formation von Militärhubschraubern bildete die Zahl 100 am Himmel und aus 56 Kanonen, die die Zahl der ethnischen Gruppen in China repräsentieren sollten, wurde 100 Salutschüsse abgefeuert.

Am Balkon über dem Eingang zur Verbotenen Stadt standen die hohen Parteifunktionäre und applaudierten dem Schauspiel, das da dem ganzen Land und auch ihnen zu Ehren abgehalten wurde. Und in ihrer Mitte stand mit Generalsekretär Xi Jinping der höchstrangige aller 1,4 Milliarden Chinesen.

Der Staatschef trug als Einziger einen grauen Mao-Anzug und setzte damit ein historisches Zeichen. Die Szene erinnerte daran, wie der "große Steuermann" am selben Ort 1949 die Gründung des kommunistische Volksrepublik China ausgerufen hatte.

Es war kein Zufall, dass sich KP-Chef Xi im Mao-Anzug präsentierte.
© Reuters/Carlos Garcia Rawlins

Darüber hinaus machte das Auftreten Xis erneut deutlich, dass unter ihm auch ideologisch die Mao-Zeit wieder stärker auflebt. Nach dem Personenkult um Mao sollte nie wieder eine Person so herausragen, sollte die Partei vielmehr einem kollektiven Prinzip folgen. Doch unter Xi wurde die Begrenzung der Amtszeit für den Vorsitzenden wieder aufgehoben. Und auch wenn er von der Mao-Verehrung noch weit entfernt ist, finden sich doch überall im Land, sei es in großstädtischen Museen oder auf abgelegenen Dorfplätzen, Bilder und Huldigungen des KP-Vorsitzenden.

Der nun, und auch das hatte Symbolkraft, genau dort stand, wo 1989 Studenten gemeinsam mit Arbeitern gegen die Korruption und Privilegien der Parteigranden protestiert hatten und die Kommunisten in die tiefste Krise seit ihrer Machtübernahme gestürzt hatten. Doch die chinesische Partei, die den Aufstand blutig niederschlug, ging im Gegensatz zu ihren osteuropäischen Schwestern nicht unter.

KP rühmt sich, China wieder stark gemacht zu haben

Vielmehr hat sie ihre Herrschaft konsolidiert - durch Unterdrückung von oppositionellen Stimmen, durch einen mit modernster Technik bis hin zur Gesichtserkennung hochgerüsteten Überwachungsstaat. Aber auch durch einen Leistungsnachweis hat die Partei ihren Führungsanspruch gestärkt: Sie hat hunderte Millionen Menschen aus extremer Armut geholt, und sie hat, wenn auch mit äußerst drastischen Maßnahmen, das Coronavirus in den Griff bekommen. "Chinas Erfolg hängt von der Partei ab", verkündete Xi Jinping.

Das bezog sich auch auf den internationalen Anspruch, den die Partei - derart konsolidiert in der Heimat - nun stellt. Dabei machte Xi deutlich, dass sich die Volksrepublik jede Einmischung verbittet. "Wir werden niemals scheinheilige Predigten von jenen akzeptieren, die glauben, sie hätten das Recht, uns zu belehren", betonte der 68-Jährige und bezog sich damit auf die massive internationale Kritik, etwa wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong, wo Proteste am Geburtstag der Partei verboten waren.

China werde ausländischen Kräften niemals erlauben, es zu "schikanieren, zu unterdrücken und zu unterjochen". "Jeder, der das versuchen würde, wird sich auf einem Kollisionskurs mit einer großen Mauer aus Stahl finden, die 1,4 Milliarden Chinesen geschmiedet haben", verkündete der Parteichef unter dem Jubel der 70.000 Zuhörer.

Xi reagiert mit dieser scharfen Rhetorik darauf, dass die USA nun China global als ihren schärfsten strategischen Konkurrenten betrachten. Gleichzeitig bedient er damit ein weiteres Narrativ, das der Partei zur Rechtfertigung ihres umfassenden Herrschaftsanspruches dient: Dass sie China nach Jahrzehnten, die als Demütigung empfunden wurden, wieder zur nationalen Stärke zurückführt.

Tatsächlich nimmt China international eine immer gewichtigere Rolle ein: Peking sucht mehr Einfluss in internationalen Institutionen. Und über die Seidenstraßeninitiative, bei der die Volksrepublik in aller Welt Infrastrukturprojekte fördert oder durch Kredite gleich finanziert, bindet sie dutzende Staaten stärker an sich.

Gleichzeitig rüstet China militärisch zusehends auf. "Wir müssen die Modernisierung unserer nationalen Verteidigung und unserer Streitkräfte vorantreiben", betonte Xi bei seiner einstündigen Rede. Tatsächlich verwandelt sich die Volksbefreiungsarmee immer mehr von einem Verteidigungsheer zu einem, das auch Angriffe durchführen kann.

Diese wachsende militärische Stärke bekommen die Nachbarländer bereits zu spüren. So wie es schon viele aufstrebende Großmächte in der Geschichte gemacht haben, räumt die Volksrepublik zunächst einmal in ihrem Hinterhof auf. Im von Gebietsstreitigkeiten durchzogenen Südchinesischem Meer stellt sie immer aggressiver ihre Territorialansprüche. Auch gegenüber Taiwan tritt sie immer offensiver auf.

Taiwan-Frage ist brandgefährlicher Konflikt

Die Volksrepublik betrachtet die de facto unabhängige Insel als abtrünnige Provinz. "Die Lösung der Taiwan-Frage und die Verwirklichung der vollständigen Wiedervereinigung des Mutterlandes sind die unbeirrbaren historischen Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas", sagte Xi.

Taiwan steht unter dem Schutz der USA. Doch wird befürchtet, dass China, wenn es die Chance sieht, versuchen würde, Taiwan militärisch zu erobern. Dass der Großteil der Taiwaner demokratisch bleiben will, schert die KP wohl so wenig die Freiheitsimpulse der Hongkonger Demokraten. Für sie soll gelten, was am Donnerstag die Chöre gesungen haben: "Sozialismus ist gut." Auch wenn der Sozialismus mit chinesischen Zeichen, wie ihn die Partei auch bezeichnet, oft eine sehr kapitalistische Variante ist.