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Kraft der Autosuggestion

Von Walter Hämmerle

Leitartikel

Heinz-Christian Strache wird ein ordentlicher Schrecken durch die Glieder gefahren sein, als er den aktuellen "Spiegel" durchblätterte. Darin findet sich unter dem eigentlich recht vielversprechenden Titel "Herz der Finsternis" ein Bericht über den Höhenflug der rechtspopulistischen Parteien quer durch Europa - und Österreich oder die FPÖ wird mit keinem Wort erwähnt.


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Da ist diesbezüglich die Rede nur von Finnen, Belgiern, Schweden, Dänen und Franzosen. Unterm Haider hätte es das wohl nicht gegeben...

Aber Spaß beiseite. Inhaltlich wird argumentiert, dass die Rettungsprogramme für die Einheitswährung hauptverantwortlich für den jüngsten Höhenflug der Rechtspopulisten seien und sich mittlerweile auch in etablierten Zentrumsparteien Widerstand gegen die Stabilisierungsmaßnahmen zugunsten der taumelnden Euroländer rege.

Die Euro-Rettung, unabhängig von ihrer ökonomischen Notwendigkeit, konfrontiert die Europäische Union einmal mehr mit einem eminenten demokratiepolitischen Problem: Zur Beruhigung durchgeknallter Märkte und nervöser Investoren war Handeln angesagt. Zu diesem Zweck verpflichteten sich die EU-Staatenlenker zu den diversesten kurz-, mittel- und langfristigen Rettungsaktionen, der ab 2013 geltende Rettungsfonds umfasst 700 Milliarden Euro an Kapital- und Garantiezusagen.

Die Mehrheit der Ökonomen innerhalb und außerhalb Europas hält diese Maßnahmen für letztlich unumgänglich, es gibt allerdings auch Kritiker, für die die Euro-Zone zum Scheitern verurteilt ist. Experten können sich in solchen Fragen divergierende Meinungen erlauben, Politiker in Regierungsverantwortung besser nicht. Sie müssen sich wohl oder übel der Kraft ihrer Autosuggestion hingeben. Tatsächlich will man sich lieber nicht die Folgen eines möglichen Scheiterns der Euro-Rettung in Gedanken ausmalen.

Also Augen zu und durch? Für Stuntmen und sonstige Abenteurer eine vertretbare, wenngleich wenig vernünftige Strategie. Für Demokratien eher nicht. Deren zentraler Ort der politischen Willensbildung ist das Parlament, nicht die Regierungen.

Die EU musste handeln, und das relativ schnell. Für eine unvoreingenommene öffentliche Debatte war diesmal offensichtlich keine Zeit. Wenn es beim nächsten Mal wieder so läuft, muss sich über die Folgen keiner wundern.