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Kräftige Steuererhöhungen mit Streicheleinheiten

Von Alfred Abel

Wirtschaft

20 Seiten, die es in sich haben. Die beiden Gesetzentwürfe, die vergangenen Freitag vom Finanzministerium zur Begutachtung ausgesendet wurden, bieten · frei nach Thomas Bernhard · eine Beruhigung | und eine Erregung.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Eine Beruhigung, weil sie sich als kalmierende Begleitmaßnahme zur bevorstehenden Aufhebung der Sparbuch-Anonymität verstehen. Eine Erregung, weil sie die Steuerzahler in wichtigen Teilbereichen

des täglichen Lebens ganz kräftig zum Aderlass führen. Autofahrer und Raucher werden dringend zur Budgetsanierung gebeten.

Der beruhigende Teil der beiden Ministerialentwürfe will erreichen, dass es im Gefolge der Umstellung anonymer Sparbücher auf legitimierte (generell ab 1. November 2000) "zu keinen unbegründeten

Irritationen im Bereich des Geldmarktes kommt". (Zitat Motivenbericht). Etwas deutlicher ausgedrückt: die Sparbüchel-sparenden Bürger sollen nach Möglichkeit davon abgehalten werden, in den nächsten

Monaten ihre Einlagen in Länder zu transferieren, wo man sie rechtlich und fiskalisch vor unerwünschtem Zugriff besser versteckt weiß.

Sparbücher steuerfrei

Zu diesem Zweck plant der Gesetzgeber zwei Vorgänge zu entkriminalisieren, bei denen Steuerzahler in der Vergangenheit häufig mit der Finanz in Konflikt geraten sind: Die · eigentlich

steuerpflichtige · Schenkung von Sparbüchern und die Meldepflicht der Banken über endbesteuerte Vermögen beim Tod des Eigentümers.

Während die Übergabe von Sparbüchern im Erbweg durch das Endbesteuerungsgesetz (in Verbindung mit der Kapitalertragsteuer) bekanntlich erbschaftssteuerbefreit ist, soll nun auch die schenkungsweise

Übergabe solcher Geldeinlagen unter Lebenden temporär schenkungssteuerfrei zulässig sein.

Amnestie für Vergangenes

Die Schenkungssteuerfreiheit soll dabei für alle in der Vergangenheit liegenden Schenkungen · sozusagen amnestiemäßig · gewährt werden und für alle künftigen Schenkungen gelten, die vor dem 1.

Juli 2002 erfolgen. Omas, Opas, Eltern und sonstige Wohltäter können also hinsichtlich aller Einlagenbücher beruhigt sein, die sie ihren Enkeln, Kindern oder FreundInnen in der Vergangenheit

zugeeignet haben, und sie können derlei Zuwendungen ab sofort ungehemmt fortsetzen: Alle diese Schenkungen sind bis Ende Juni 2002 schenkungssteuerfrei. Bargeldschenkungen bleiben von der neuen

Steuerfreiheit allerdings ausgenommen, aber es macht ja wohl keine Schwierigkeiten, derlei Gelder auf ein Büchel einzuzahlen und danach die neue Steuerfreiheit zu lukrieren.

Eine Ausnahme von der Steuerbefreiung macht das Gesetz dennoch. Wer mit seinem Sparbuchgeschenk schon bisher in die Fänge der Steuerfahnder oder der Steuerstrafjuristen geraten ist, wer also bei

seinem steuerdeliktischen Tun von der Finanz bereits ertappt wurde, kann leider an der Amnestie nicht teilhaben. Da war der Fiskus halt schneller.

Absolute Verjährung für 1992

Das Beruhigungsgesetz hat aber auch noch ein weiteres Zuckerl für die beunruhigten Bürger parat. Es ordnet nämlich eine "absolute" Verjährung für alle Steuerverpflichtungen an, die die Jahre 1992

und davor betreffen. Die Verjährung soll alle am 1. November 2000 noch offenen Steuerverfahren betreffen, was zweifellos dazu führen wird, dass Steuerpflichtige etwa anhängige Betriebsprüfungs- oder

Berufungsverfahren für diese Jahre mit aller Gewalt hinauszögern werden.

Ob die Finanz bei der Finalisierung solcher Akte jetzt einen Zahn zulegen wird, bleibt abzuwarten.

Die Verjährung gilt natürlich nur für jene Steuerzahler, die auch tatsächlich daran teilhaben wollen. Wer sich für diese alten Jahre hingegen Steuergutschriften erwartet, kann sich der

Verjährungswohltat durch einfachen Antrag entziehen.

Steuerschock für Autofahrer

Der erregende Teil der Gesetzentwürfe ist dazu angetan, vor allem den Adrenalinspiegel der Autofahrer zu erhöhen. Ist doch neben der angekündigten Erhöhung der Autobahnvignette auch eine kräftige

Anhebung der "motorbezogenen Versicherungssteuer" (also der üblichen Autosteuer) sowie der eigentlichen Kfz-Steuer vorgesehen, wobei deren Mehrerträge · durch gleichzeitige Änderung des

Finanzausgleichs · zur Gänze in den Staatssäckel fließen sollen.

"Bei der steuerlichen Belastung mit Kfz-Steuer erfolgte seit über 15 Jahren keine Valorisierung" heißt es dazu entschuldigend im Erläuterungstext zum Gesetzentwurf. Und weiter: Es handelt sich nur um

eine Anpassung an die geänderten Geldwertverhältnisse und gleichzeitig um eine Umstellung der Schillingbeträge im Versicherungssteuergesetz auf Euro-Beträge.

Diese Schilling/Euro-Umstellung stellt dabei einen besonders gefinkelten Trick der Gesetzemacher dar, denn er erschwert den raschen Durchblick auf die neuen Steuerverhältnisse ungemein.

Erst wer den in Euro und Eurocent angeführten Wert wieder in Schilling zurückholt, erkennt den kräftigen Zugriff des Finanzministers: Eine Erhöhung der Autosteuern für Krafträder, PKW und Kombi um

rund 50% steht ab Juni 2000 bevor. Kein Wunder, dass da die österreichischen Autofahrerverbände unisono einen Aufschrei hören lassen.

EU-konforme Raucher

Auch die Raucher bleiben von der Budgetsanierungsaktion des Finanzministers nicht ungeschoren. Gestützt auf den von den Brüsseler Gesundheitsfanatikern festgelegten EU-Mindeststeuersatz von 57%

bei der Tabaksteuer, der · so der Erläuterungstext · in den heimischen Gefilden unterschritten wird, "muss die EU-Konformität wieder hergestellt und die Steuerbelastung angehoben werden". Was · so

haben rechenkundige Raucher rasch ausdividiert · ab Juni dieses Jahres pro Packerl mindestens 3 Schilling zusätzlichen Budgetobolus ausmachen wird.

Doppelte Stromsteuer

Eine andere Maßnahme dürfte die Haushalte und sonstigen Stromverbraucher ins Herz treffen: Die Erhöhung der Elektrizitätsabgabe. Dieses auf den ersten Blick unscheinbare Steuerchen beträgt derzeit

10 Groschen je verbrauchte Kilowattstunde, kann sich aber in der Praxis zu einem recht spürbaren Kostenfaktor mausern. Ab 1. Juni 2000 soll der Steuerzuschlag 0,015 Euro je kWH betragen, was sich zu

fast 21 Groschen oder zu 100% mehr als bisher verdeutschen lässt.