Steigende Temperaturen verursachen mehr Hitzetote, aber auch die mentale Gesundheit ist in Gefahr.
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Wien. "Erst stirbt der Wald, dann der Mensch." Mit diesem Slogan brannte sich vor nahezu 40 Jahren für viele Umweltbewusste eine herannahende ökologische Katastrophe ins Gedächtnis ein - das Waldsterben durch Sauren Regen. Heute sind es Wetterextreme, der Rückgang der Gletscher, der Anstieg des Meeresspiegels, der Zuzug neuer Krankheitserreger und Ähnliches, das uns den stattfindenden Klimawandel deutlich vor Augen führt. Der Mensch bleibt davon nicht verschont - auch in Bezug auf seine Gesundheit.
Denn Hitzewellen belasten vor allem chronisch Kranke und alte Menschen, betonten Klimaforscher am Freitag vor Journalisten. Durch die drohende Zunahme solcher Extreme sei auch in Österreich künftig mit mehr Toten zu rechnen, erklärte Willi Haas vom Institut für Soziale Ökologie der Uni Klagenfurt. Sind es heute ein paar hundert Tote pro Jahr, könnte dieser Wert bis 2036 auf etwa 3000 ansteigen. Sollte es aber auch zu einem Anstieg an chronisch Kranken kommen, könnten es pro Jahr sogar bis zu 6000 Todesfälle sein.
Die Wahrscheinlichkeit für solche besonders heiße Jahre ist im Zunehmen. Hatten nämlich im späten 20. Jahrhundert Hitzerekorde etwa alle 20 Jahre stattgefunden, so werden diese Modellrechnungen zufolge Mitte dieses Jahrhunderts alle 2 bis 17 Jahre auftreten. Derzeit gebe es noch mehr Grippe- als Hitzetote. Die Situation könnte sich umkehren.
Der Klimawandel begünstige auch Erreger und Überträger für Infektionskrankheiten. So könnten etwa manch gefürchtete Mückenstämme auch in unseren Breiten heimisch werden. Der Asiatischen Tigermücke, die als Überträger des Chikungunya- und Denguefiebers gilt, ist die Migration in manchen Regionen Österreichs schon gelungen. Sie sei zwar lästig, aber nicht zwangsläufig gefährlich, beruhigen Experten. Allergiker wiederum könnten mit einem verstärkten Pollenflug zu kämpfen haben.
Anpassungsfähigkeit gefragt
Auch Verhaltensänderungen, die besonders auf höhere Temperaturen zurückzuführen sind, können sich negativ auswirken. So führt etwa vermehrter Aufenthalt im Freien zu einer höheren Exposition gegenüber UV-Strahlung. In Regionen wie am Persischen Golf würden viele Menschen im Sommer kaum noch das Haus verlassen. Der Mangel an Vitamin D, das im Körper nur mit Hilfe der Sonne gebildet werden kann, sei dort keine Seltenheit mehr, betonte Umweltmediziner Hanns Moshammer von der Medizinischen Universität Wien.
"Irgendwann werden wir die Grenzen der Anpassungsfähigkeit erreicht haben", der Organismus spielt dann nicht mehr mit. Bestimmte Landstriche, wie der Persische Golf oder Regionen in den Tropen, würden, sollte sich die Temperatur noch um ein bis zwei Grad erhöhen, bald nicht mehr bewohnbar sein, so Moshammer.
Hohe Zusatzkosten
Auch die American Psychological Association warnte zuletzt in einem Report vor gesundheitlichen Auswirkungen durch den Klimawandel. Wetter- und andere Naturextreme hätten starke Auswirkungen auf die mentale Gesundheit. Der Verlust eines geliebten Menschen, die Zerstörung seines Besitzes oder Jobverlust können zu Panik, Angststörungen oder Depression führen, heißt es in dem jüngsten Report der Gesellschaft. Langzeitfolgen würden wiederum Landwirtschaft, Infrastruktur und Lebensqualität beeinflussen.
Dieser Fernwirkungen sind sich auch die heimischen Klimaforscher bewusst. Ohne Veränderungen komme der Klimawandel Österreich teuer zu stehen, betonte Karl Steininger von der Uni Graz. In einem Forschungsprojekt hat er berechnet, dass die jährlichen Zusatzkosten durch diese Entwicklung um das Jahr 2050 in Österreich fünf Milliarden Euro betragen könnten. Die teuersten Bereiche wären die Hochwasser- und die Gesundheitsschäden.
Handeln könnte wieder einen Doppelnutzen bringen. Aktive Mobilität, verbesserte Luftqualität, urbane Grünräume, Isolierungen, Ernährungsumstellung und Prävention würden sich sowohl auf das Klima als auch auf die Gesundheit positiv auswirken. Die Klimaforscher arbeiten derzeit an einem Report zu den Themen "Gesundheit, Demographie und Klimawandel". Dieser soll in Kooperation mit anderen Forschern, aber auch politisch Verantwortlichen, im Sommer 2018 präsentiert werden.