Schelling: Reformdruck steigt. | Spitäler in privater Hand machen Gewinne. | Wien. "Das österreichische Gesundheitssystem liegt in der Intensivstation. Es ist heilbar, aber wir wollen es nicht heilen." Der Vorsitzende des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Hans Jörg Schelling, forderte am Donnerstag bei einem Symposium von AKH, Wirtschaftsuniversität und der Vinzenz Gruppe neuerlich die Finanzierung des gesamten Systems aus einem Topf.
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Die Rezepte für die Genesung lägen längst auf dem Tisch, es habe aber niemand die Kompetenz zur Umsetzung. Der Hauptverband verwalte zwar 28 Milliarden Euro, habe aber "null Steuerungskompetenz". Auch der Gesundheitsminister hat wenig bis keine Verantwortung. Österreich sei ein Land der Zuständigkeiten ohne Verantwortliche, kritisierte Schelling. Er will daher bis Herbst einen Masterplan ausarbeiten und damit die politischen Akteure in Zugzwang bringen.
Die 264 österreichischen Spitäler kosten pro Jahr 10,4 Milliarden Euro. Die Ausgaben dafür steigen aber sehr viel rascher an, als die Wirtschaft wächst. Alleine 2008 haben sich die Ausgaben für den Spitalsbereich um 6,7 Prozent erhöht. Das ist ein Wachstum, das die Kosten alle zehn Jahre verdoppelt. Einen Hauptgrund für die Misere orten Experten in der dualen Finanzierung (Kassen und Länder). Aber der Druck für Änderungen werde immer größer, denn die Landesgesellschaften, in die die Krankenhäuser ausgegliedert sind, seien bereits mit acht bis zehn Milliarden Euro verschuldet.
Rettung könnte da von Privaten kommen. In Deutschland steht es um die Finanzierung der Spitäler ähnlich schlecht. Axel Paeger, der selbst Arzt ist, hat diese Situation genützt und ist in das Spitalsmanagement gegangen. Er hat mit seiner Ameos-Gruppe bereits 24 öffentliche Krankenhäuser in Deutschland gekauft und führt diese gewinnbringend. Im Vorjahr erzielten die Ameos-Krankenhäuser 40 Millionen Euro Überschuss - diese Mittel werden zur Gänze reinvestiert.
Für Paeger sind alle Träger (öffentlich, gemeinnützig oder privat) gleichwertig. Wichtig für den Gesundheitsmarkt sei aber eine Durchmischung. "Das Spitalswesen ist eine der konservativsten Branchen", sagte Paeger. Man könne aber durch Wettbewerb einiges ändern. Die Kosten in den Spitälern teilen sich zu zwei Drittel in Personalaufwand und ein Drittel Sachaufwand. er habe bei allen Ameos-Krankenhäusern die Sachkosten innerhalb von sechs Monaten um zehn Prozent senken können.
Auch beim Personalaufwand seien Einsparungen möglich - und zwar durch eine richtige Aufgabenverteilung. Die Jobs, so Paeger, müssten der richtigen Berufsgruppe zugeordnet werden. Dadurch entstünde höhere Jobzufriedenheit, höhere Patientenzufriedenheit und höhere Effizienz.
An einen Einstieg in Österreich denke er derzeit noch nicht, aber "eines Tages werden wir sicher auch in Österreich ein Krankenhaus betreiben".