Urteil des Obersten Gerichtshofs sorgt bei Arbeitnehmervertretern für Aufregung.
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Der OGH hat mit einer jüngst ergangenen Entscheidung bei Arbeitnehmervertretungen für Aufregung gesorgt. Danach unterbricht die Erkrankung eines Arbeitnehmers nicht den vereinbarten Zeitausgleich (OGH 29.5.2013, 9 ObA 11/13b).
Der Entscheidung des OGH lag ein in der Praxis häufiger Fall zu Grunde. Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarten eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhält-
nisses. Für die Zeit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses wurde die Konsumation der Mehr- und/oder Überstunden durch Zeitausgleich vereinbart.
In weiterer Folge meldete sich der Arbeitnehmer für die Dauer des vereinbarten Zeitausgleiches krank und verlangte bei Ende des Dienstverhältnisses die Auszahlung des Überstundenentgeltes.
Entgeltfortzahlung bei Krankheit
Das Gesetz (§ 8 AngG bzw § 2 EFZG) sieht im Falle der Erkrankung eines Arbeitnehmers vor, dass der Arbeitgeber weiterhin das laufende Gehalt des Arbeitnehmers zahlen muss. Eine Erkrankung unterbricht daher die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, nicht aber den Entgeltfortzahlungsanspruch. Der OGH hat nun festgehalten, dass eine Erkrankung an jenen Tagen, an denen der Arbeitnehmer gar keine Arbeitsleistung erbringen muss, weil er Zeitausgleich oder "freie" Tage im Rahmen einer unregelmäßigen Verteilung der Arbeitszeit konsumiert, keinen Entgeltfortzahlungsanspruch wegen Krankheit hat. Der OGH begründet dies damit, dass während des vereinbarten Zeitausgleiches gar keine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bestehe. Eine Unterbrechung des Zeitausgleiches durch Krankheit setze aber voraus, dass der Arbeitnehmer an der Arbeitsleistung verhindert sei. Nicht die Erkrankung bewirke aber im Ausgangsfall den Entfall der Arbeitsleistung, sondern ausschließlich die Tatsache, dass der Arbeitnehmer zuvor Mehr- und/oder Überstundenleistungen erbracht hat, die er nun durch Zeitausgleich verbraucht. Der Zeitausgleich sei daher nur die Folge einer anderen Verteilung der Arbeitszeit.
Das gegenständliche Urteil ist für die Praxis von großer Bedeutung und verhindert, dass Zeitausgleichvereinbarungen im Nachhinein durch Meldung eines Krankenstandes wieder wegfallen und dann zwingend eine Auszahlung des Mehr- und/oder Überstundenguthabens erfolgen muss.
Krankenstand und Urlaub
Im Falle der Erkrankung des Arbeitnehmers während des Urlaubes sieht § 5 Abs 1 UrlG anderes vor: danach führt eine Erkrankung, die länger als drei Kalendertage dauert und nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig vom Arbeitnehmer herbeigeführt wurde, zwingend zu einer Unterbrechung des Urlaubes.
Jene Tage, an den der Arbeitnehmer krank war, zählen nicht als Urlaubstage. Der Arbeitnehmer erhält während des Krankenstandes sein laufendes Gehalt aus dem Titel "Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall".
Judith Morgenstern ist Expertin für Arbeitsrecht in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte, www.mosati.at.