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Krankheitsdaten sollen künftig besser erfasst werden

Von Simon Rosner

Politik

ÖGK will Ärzte verpflichten, Diagnosecodes zu dokumentieren. Systeme gibt es, die Finanzierung fehlt noch.


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Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) will in diesem Jahr die Diagnosecodierung verpflichtend machen. Das heißt, dass Ärztinnen und Ärzte künftig bei Behandlungen die Diagnosen in eine Datenbank einpflegen sollen, um Erkrankungen systematisch zu erfassen. Das tun die Mediziner zwar in der Regel auch heute, aber jede und jeder für sich in einem eigenen System. Insgesamt 80 verschiedene Softwares für die ärztliche Verwaltung sind in Österreich auf dem Markt.

Dem stellvertretenden Obmann der ÖGK, Andreas Huss, war auf einer Pressekonferenz am Mittwoch die Ungeduld anzusehen. "Wir wissen nicht, welche Krankheiten die Patienten haben. Das ist undenkbar und unfassbar. Es geht nicht mehr", sagte Huss. Es sei ärgerlich, dass sich die Ärztekammer so lange gewehrt habe, aber diese Zeit müsse vorbei sei.

Und diese Zeit dürfte tatsächlich bald vorbei sein. Österreich ist in Sachen Diagnosecodierung ein Nachzügler, aber seit geraumer Zeit tut sich etwas. Wobei es nicht die Institutionen sind, die hier voranschreiten. Die Entwicklung geht im Wesentlichen auf die Eigeninitiative der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin zurück. Deren Präsidentin, Susanne Rabady, ortet aber allseits "großes Bemühen".

Doch die Umsetzung ist nicht einfach. Das beginnt damit, dass es verschiedene internationale Codierungssysteme gibt, gröbere und feingliedrigere. In Österreich geht es in Richtung der Letzteren. Das System Snomed CT ist eine umfassende Sammlung medizinischer Terminologien. Ein anderes, gängiges System ist ICD-10, wobei die Systeme verknüpfbar sind.

Eine weitere Schwierigkeit: Die Allgemeinmedizin hat andere Bedürfnisse als zum Beispiel die Chirurgie, und auch die Krankenkasse wird für ihre Datenanalysen vielleicht mit weniger feingliedrigen Systemen auskommen. Und wie verknüpft man die rund 80 verschiedenen Softwares, die in Österreichs Praxen angewandt werden?

Primärversorgung soll massiv ausgebaut werden

Klar ist, wie das Ende aussehen sollte: Ein Patient kommt mit Magenweh zur Ärztin, die in ein Suchfeld diese Diagnose eingibt. Das System schlägt ihr mögliche Codes zur Auswahl vor. Die Codierung ist in wenigen Sekunden erledigt. Aus dem Magenweh kann sich eine Krankheitsepisode entwickeln, in der sich die Diagnose mehrfach ändern kann.

Im Idealfall ist das System eine Hilfestellung für die Ärztin, gewährleistet eine bessere Behandlung für den Patienten und erlaubt durch Datenanalyse auch Erkenntnisse darüber hinaus, zum Beispiel für die Forschung. Was aber noch fehlt: Eine klare Projektierung des Vorhabens sowie die Finanzierung.

Für Ärzte in Primärversorgungseinheiten (PVE) ist die Diagnosecodierung übrigens bereits schon jetzt vorgeschrieben. Am Donnerstag präsentierten Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVP-Gesundheitssprecher Josef Smolle den Fahrplan für den weiteren PVE-Ausbau. Statt 75 laut Plan gibt es bisher nur 39 solcher Zentren mit Ärzten und anderen Gesundheitsberufen. Der neue Plan: In drei Jahren sollen es 121 sein.

Für die Einrichtung einer PVE ist eine Vereinbarung zwischen Ärztekammer und Sozivalversicherung nötig, Rauch sieht die Kammer als Bremsklotz. Sie soll künftig kein Vetorecht mehr haben. Praktiker sehen eher die Vertragskonstrukte als Hindernis. Trotz Förderungen sei es derzeit nicht attraktiv genug, eine PVE zu gründen, heißt es.