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Krauss muss raus

Von Christian Rösner

Politik

Häupl lehnt FPÖ-Kandidaten als Vize-Stadtschulratspräsidenten ab, Debatte über politischen Einfluss in der Schule.


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Wien. Bürgermeister Michael Häupl lehnt den Kandidaten der FPÖ für den stellvertretenden Stadtschulratspräsidenten ab. Häupl habe am Montag dem FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus erklärt, dass eine Bestellung des 21-jährigen Burschenschafters Maximilian Krauss nicht möglich sei. Die FPÖ müsse einen anderen Kandidaten nominieren, sagte ein Sprecher des Bürgermeisters.

Zur Erinnerung: Die FPÖ hat als derzeit zweitstärkste Fraktion im Gemeinderat das Recht auf das Amt des Vizepräsidenten. Dieser übt lediglich eine Kontrollfunktion aus, als Stellvertreter des jeweiligen amtsführenden Präsidenten fungiert er nicht. Die Bestellung selbst erfolgt jedoch durch den Landeshauptmann. Im Juli hat die FPÖ Maximilian Krauss für diese Funktion nominiert - sehr zum Unmut der rot-grünen Stadtregierung, die diese Aktion als "pure Provokation" bezeichnete, habe Krauss doch vor allem mit "Anti-Türken-Hetze" von sich reden gemacht.

Häupls Entscheidung von Montag hat nun zur Folge, dass der amtierende Vizepräsident im Stadtschulrat, Helmut Günther, weiter amtieren wird - auch wenn er das gar nicht will. Denn auch das Rücktrittsgesuch von Günther will Häupl nicht annehmen.

Gottes Wille versus Häupl

Für die FPÖ eine absurde Situation: "Ein Papst kann von sich aus zurücktreten, nicht einmal Gottes Wille ist notwendig - der reicht allerdings nicht für den Rücktritt vom Amt des Vizepräsidenten des Wiener Stadtschulrates. Da zählt ausschließlich die landesfürstliche, Häupl’sche Gnade", erklärt etwa Justizsprecher Dietbert Kowarik. Seiner Rechtsansicht nach sei das Amt bundesgesetzlich verpflichtend vorgesehen. Die Nominierung obliege der zweitstärksten Fraktion des Stadtschulratskollegiums, also den Freiheitlichen. Der Präsident des Stadtschulrates habe den Vizepräsidenten auf Vorschlag der zweitstärksten Fraktion zu bestellen. "Damit normiert das Gesetz ausdrücklich ein politisches Minderheitenrecht. Die von Häupl gewählte Vorgangsweise erinnert eher an landesfürstliche Allmacht, hat aber wohl nichts mit einer seriösen Gesetzesauslegung zu tun", meint Kowarik dazu.

"Klare gesetzliche Regelung"

Im Büro des Bürgermeisters zeigt man sich gelassen. Auf die Frage, mit welcher rechtlichen Begründung Häupl Krauss ablehnt, meint ein Sprecher, dass gar keine Begründung notwendig sei. Das sei im Gesetz so geregelt, und auch der Verfassungsgerichtshof habe sich bereits dazu schon einmal geäußert: "Aus diesem Bestellungsmodus ergibt sich insbesondere das Recht des Präsidenten, einen an ihn herangetragenen Bestellungsvorschlag abzulehnen", heißt es in einem Entscheid aus dem Jahr 1992.

Auch im Gesetz selbst heißt es wörtlich: "Der Landeshauptmann als Präsident des Stadtschulrates kann daher nur jemanden zum Vizepräsidenten bestellen, den die vorschlagsberechtigte Fraktion des Kollegiums vorgeschlagen hat; er kann jedoch den Vorschlag ablehnen und die Erstattung eines neuen Vorschlages verlangen", heißt es im Österreichischen Schulrecht, FN 26 zu § B-SchAufsG).

Abgesehen davon dürfte die FPÖ selbst vom Prozedere eines Neuvorschlags nichts gewusst haben. "Erstens einmal hätte der bisherige Vize von sich aus sagen müssen, er will nicht mehr - und nicht der Klubobmann. Abberufen wird er dann vom Kollegium der Mitglieder des Stadtschulrates. Erst dann kann überhaupt ein neuer nominiert werden", so der Sprecher. Und dann liegt der Ball wieder beim Landeshauptmann - der wiederum auch durch Nichthandeln Politik machen kann. Und das ist der Punkt, an dem sowohl Grüne als auch ÖVP am Montag gefordert haben: Politik muss raus aus der Schule.

So urgieren die Grünen im Bund die Abschaffung des Postens des Vizepräsidenten in den Ländern. "Das bringt nicht nur ein Ende der unsäglichen Proporz-Besetzung mit sich, sondern spart schlicht und einfach einen Haufen Geld", erklärte etwa Grünen-Klubsprecher David Ellensohn. Auch ÖVP-Klubchef Manfred Juraczka sprach sich für eine schlankere Verwaltung aus; in Tirol und Vorarlberg gebe es beispielsweise gar keine Vizepräsidenten. "Angesichts der aktuellen Diskussion stellt sich eine wesentliche Frage: Geht es irgendjemanden der Streithähne um Qualität oder Effizienz in der Bildungspolitik oder werden wir alle Zeuge des ersten Vorwahlgeplänkels?", so Juraczka.

FPÖ will weiter streiten

Die FPÖ dürfte auf jeden Fall weiter streiten wollen: In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz kündigte sie an, eine Reihe von rechtlichen Schritten gegen die "eklatant undemokratische" Vorgehensweise Häupls setzen zu wollen. Die FPÖ wartet vor allem auf einen Ablehnungsbescheid. Komme dieser nicht, begehe Häupl Amtsmissbrauch - was die FPÖ zur Anzeige bringen werde, erklärte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Und der amtierende Stadtschulrats-Vize werde das Arbeits- und Sozialgericht anrufen, kündigte Strache an. Außerdem wolle sich die FPÖ an die Anti-Diskriminierungsstelle wenden. Denn Krauss sei wegen seiner freiheitlichen Weltanschauung abgelehnt worden.