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Krawalle in Maribor

Von WZ-Korrespondentin Marijana Miljkovic

Politik
"Hau ab, du Dieb" : Demonstration in Marburg eskaliert.
© © Screenshot/24ur.com

Demonstranten wollten Rathaus stürmen, brutaler Polizeieinsatz.


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Maribor. Der "Aufstand von Maribor", bei dem in Sloweniens zweitgrößter Stadt am Montagabend eine Demonstration eskalierte, hat aus Sicht der Demonstranten kein Ergebnis gebracht: Der umstrittene Bürgermeister Franc Kangler wurde nicht gestürzt, 27 Personen saßen zeitweise hinter Gittern, zehn Demonstranten und sieben Polizisten wurden verletzt. Die Unzufriedenheit in Maribor, nur eine halbe Autostunde von Österreich entfernt, ist geblieben. Es ist eine Frage der Zeit, bis es zu neuen Protesten kommt.

Die Bürger werfen Kangler Korruption und Klientelismus vor. In zehn Fällen laufen Ermittlungen gegen den Politiker. Maribor, das heuer Kulturhauptstadt Europas ist, wurde kurzerhand in "Korruptionshauptstadt" umbenannt. Das Fass zum Überlaufen brachte die Entscheidung Kanglers, die Bestrafung von Verkehrssündern, die mittels neu aufgestellter Überwachungskameras im Straßenverkehr ermittelt werden, einer privaten Firma zu überlassen. Der Politiker wurde vergangene Woche aus seiner Volkspartei SLS, die in der Regierung den Wirtschaftsminister stellt, ausgeschlossen.

Die Demonstration am Montagabend, bei der sich bis zu 8000 Menschen versammelt hatten und in der Innenstadt aufmarschiert waren, war nur der Höhepunkt der Proteste, die schon vor mehr als einem Monat begonnen hatten. Dann aber flogen Kracher, Steine und andere Geschosse gegen die Polizisten, als ein kleiner Teil der Demonstranten - etwa 400 Menschen - das Rathaus stürmen wollte. Im Vorfeld waren Plakate und Puppen mit dem Konterfei des Bürgermeisters verbrannt worden, weswegen auch die Feuerwehr ausrücken musste. "Schluss mit dem Ausverkauf der Stadt. Sie gehört uns", "Hau ab, du Dieb" und "Je eher du zurücktrittst, desto eher ist Ruhe" waren nur einige der Slogans.

Wegen des Ausnahmezustands kam Innenminister Vinko Goranek aus Ljubljana angereist. Er wird zu klären haben, ob die Polizei gewalttätig gegen die Demonstranten vorgegangen ist - Amateurvideos belegen das. Aus der Zivilgesellschaft wurden Forderungen nach Goraneks Rücktritt laut. Die Polizei setzte Tränengas ein, auch berittene Polizei und ein Hubschrauber kamen zum Einsatz. Laut der Polizei Maribor sei man gemäß den Vorschriften vorgegangen. Auch Goranek sah keine Verfehlungen und kündigte an, dass die Schuldigen bestraft würden.

Aufruf über Facebook

Wer aber die Verantwortlichen sind, ist derzeit unklar. Die Demonstration war nicht angekündigt gewesen. Der Aufruf dazu erfolgte über die Facebook-Gruppe "Franz Kangler muss als Bürgermeister von Maribor zurücktreten". In der Stadt sind Plakate und Flyer mit der Aufschrift "Er ist fertig" in Umlauf. Die Gruppe hat bereits knapp 25.000 Unterstützer. Auch Staatspräsident Danilo Türk stellte sich auf die Seite der Bürger: Er bezeichnete die Proteste als legitim. "Die Unzufriedenheit der Menschen in dieser immer schwierigeren wirtschaftlichen und sozialen Situation im Land, von der die sozial Schwachen am meisten betroffen sind, ist eine Tatsache, vor der wir die Augen nicht verschließen dürfen", so der Präsident. In der Tat ist Slowenien wie Griechenland und Zypern durch marode Banken in die Krise geraten, das Land steht vor dem Bankrott.

Türk will noch vor der Präsidentenstichwahl am kommenden Sonntag nach Maribor reisen. Doch Punkte bringen dürfte ihm der Einsatz kaum: In den Umfragen führt immer noch sein Herausforderer Borut Pahor.

Franc Kangler gab sich am Dienstag unbeeindruckt: "Ich bedauere den gestrigen Vorfall." Er schloss einen Rücktritt vorerst aus und trat einen bereits geplanten Urlaub an. Die Opposition forderte sofortige Neuwahlen und auch die Koalitionspartner wollen ihm die Zusammenarbeit aufkündigen. Kanglars Mandat als Bürgermeister, das zweite in Folge, läuft erst in zwei Jahren aus.