Polizei ging gegen nationalistische Gegner der Kundgebung vor. | Belgrad. 95 Verletzte, davon fast 80 Polizisten, mehr als 100 Festnahmen und ein Schaden von mehr als einer Million Euro: Das ist die vorläufige Bilanz der Ausschreitungen in Belgrad vor, während und nach der ersten Schwulen- und Lesben-Parade in Serbien.
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Die nationalistischen Gegner der Veranstaltung bewarfen am gestrigen Sonntag die Polizei mit Steinen, Flaschen und Molotowcocktails, zerstörten parkende Autos, schlugen Auslagen von Geschäften ein und steckten auch die Parteizentrale der größten Regierungspartei in Brand.
Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Demonstranten zu zerstreuen; im ganzen Stadtzentrum roch es danach. Insgesamt waren 5000 Polizisten im Einsatz, um die Schwulenparade zu schützen, an der einige hundert Personen teilnahmen.
Diesen wurde geraten, auf Kennzeichnung oder besondere Kleidung zu verzichten, die ansonsten bei derartigen Anlässen in Europa üblich sind. Die Polizeikräfte, darunter Sondereinheiten und berittene Polizei, hatten das Zentrum für den Verkehr gesperrt.
Aufruf zu Akzeptanz
Kundgebung und Schwulenparade selbst verliefen friedlich; alle Teilnehmer konnte die Polizei anschließend in Sicherheit bringen. Die Kundgebung fand in einem kleinen Park im Stadtzentrum statt, der mit Absperrungen umgeben war; anschließend folgte ein Umzug. Zu den Teilnehmern zählten auch der Botschafter der USA und Vertreter der EU-Kommission.
Der rief die Serben auf, Andersartigkeit und Minderheiten zu akzeptieren. Wie schwer das zu sein scheint, zeigen folgende Umfragedaten: Demnach betrachten zwei Drittel der Serben Homosexualität als Krankheit; Homosexuelle sind sogar noch verhasster als Kosovo-Albaner. Am Samstag demonstrierten etwa 20.000 Personen in Belgrad gegen die Schwulen- und Lesben-Parade. Konservative Politiker und die Kirche habe die Abhaltung der Parade massiv kritisiert.
Der erste Versuch einer derartigen Veranstaltung vor neun Jahren endete nach wenigen Minuten, weil die Zusammenkunft von Gegnern gesprengt wurde. Damals wurden etwa 40 Personen verletzt. Im Vorjahr wiederum musste die Parade im letzten Moment aus Sicherheitsgründen abgesagt werden.