Therapie in der Onkologenpraxis. | In Nachbarländern längst üblich. | Nachweislicher Einsparungseffekt. | Wien. (apa) In den von Bundesländern und Gemeinden finanzierten Spitälern explodieren an den onkologischen Abteilungen die Arzneimittelbudgets durch neue, innovative und effektivere medikamentöse Therapien. Billiger und einfacher wäre ihre Verabreichung in der niedergelassenen Praxis spezialisierter Onkologen, sagt der niederösterreichische Fachmann Dr. Wolfgang Halbritter.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Halbritter versucht seit Jahren, ein solches System zu etablieren. "Man bräuchte ja nur über unsere Grenzen hinaus zu blicken. Eine medikamentöse Behandlung mit Chemotherapeutika und bzw. oder Biotechnologie-Medikamenten findet in der Schweiz und in Deutschland seit 25 Jahren in den Praxen niedergelassener Ärzte außerhalb der Spitäler statt. In Deutschland werden derzeit etwa 40 Prozent dieser Therapien bei niedergelassenen Ärzten verabreicht", sagt Halbritter, der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für ambulante Krebstherapie ist.
Der Internist mit zusätzlicher Spezialausbildung als Hämatologe und Onkologe will keine Konkurrenz zwischen Spital und niedergelassenen Ärzten, meint aber, dass viele der Zytostatika und Biotech-Medikamente bei dafür ausgebildeten Internisten außerhalb der Spitäler verabreicht werden könnten: "Die Indikation (Entschluss zur Einleitung einer Therapie) ist im Spital zu stellen. Dort kann man auch mit der Therapie beginnen. Doch wenn bei den ersten Behandlungszyklen keine Probleme auftauchen, kann der Patient ambulant mit den Infusionen oder Kurz-Infusionen behandelt werden."
Palliative Medizin
Speziell eigenen würde sich eine Onkologie in der niedergelassenen Praxis für so genannte palliative Chemo- oder Biotechnologica-Therapien, die nicht mehr auf die Heilung, aber auf die Lebensverlängerung unter möglichst optimaler Lebensqualität abzielen. Halbritter: "Ein Großteil der erwähnten teuren Therapien wird als Injektion oder Infusion von einer halben bis einer Stunde verabreicht. In den meisten Fällen besteht kein medizinischer Grund, diese Heilmittel im Krankenhaus zu geben."
Zwar haben viele Spitäler versucht, die medikamentöse Krebstherapie in Ambulanzen oder Tageskliniken unterzubringen, doch - so zumindest die Berechnungen von Halbritter - noch viel billiger wäre es, diese beim niedergelassenen Spezialisten durchzuführen. Der Arzt: "Die Infusion eines Krebsmedikaments in der niedergelassenen Praxis statt im Spital und bei tagesklinischer Verabreichung bringt im Schnitt eine Einsparung von 200 bis 300 Euro pro Patient und Tag. Bei einzelnen Medikamenten sind es sogar bis zu 900 Euro." - Und dies bei wöchentlicher Applikation über ein Jahr oder - hoffentlich - länger hinweg.
Die Verschreibung der Medikamente auf Kassenrezept und die Versorgung über öffentliche Apotheken würde nur bei den direkten Medikamentenkosten einen geringen Mehraufwand benötigen. Der Spezialist: "Herceptin kostet das Spital pro Dosis derzeit 688 Euro. In der Apotheke kostet das 710 Euro." Die "billigeren" Strukturen außerhalb der Spitäler würden das allerdings mehrfach durch Einsparungen kompensieren helfen.
Zahlreiche Vorteile
Hinzu käme vor allem im ländlichen Raum die leichtere Erreichbarkeit, so es auch in Österreich ein Netzwerk an niedergelassenen Onkologen mit Kassenvertrag gäbe. Halbritter: "In Deutschland wird ein Teil der Chemotherapien sogar bei den Patienten zu Hause durchgeführt." Hierzulande hat der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger diese Medikamente für die Krebstherapie in die 'No Box' der nicht erstattungsfähigen Präparate eingeteilt.