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Krebs verstehen

Von Alexandra Grass

Wissen

Die Grundlagenforschung unterstützt die Klinik in der Wahl der Behandlungsmethode.


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Wien. Krebs ist nicht gleich Krebs. Wie vielfältig dessen Zellen, aber auch die Behandlungsmethoden sein können, zeigt sich in neuen Wegen, die die Krebsmedizin seit einiger Zeit geht. Hand in Hand versuchen Grundlagenforscher und Kliniker, den Zelleigenschaften und den dahintersteckenden Mechanismen auf die Spur zu kommen.

"Wir haben in den letzten Jahren gelernt, dass fehlgeleitete Funktionen dazu führen, dass Tumorzellen nicht nur unkontrolliert wachsen, sondern auch Substanzen bilden, die sie am Leben erhalten und es ihnen erlauben, mit ihrer Umgebung zu kommunizieren", erklärte Christoph Zielinski, Koordinator des Comprehensive Cancer Center (CCC) der Meduni Wien und Vorstand der Uniklinik für Innere Medizin I, im Rahmen eines Hintergrundgesprächs. Krebszellen beeinflussen nämlich sowohl das gesunde Gewebe um sich herum als auch die Zellen des Immunsystems, um überleben und sich vermehren zu können, so die neuesten Erkenntnisse der Forschung. Wobei jede Tumorzelle ihrem eigenen Signalweg folgt.

Und genau diese Signalwege sind es, nach denen die Tumore künftig zu gliedern sind, erklärte Zielinski. Bei einer Vielzahl von Tumoren sei es nämlich Zufall, dass sie an derselben Stelle im Körper auftreten. "Gleichzeitig gehorchen aber sehr viele Tumorzellen einem einzigen Mechanismus der Fortpflanzung und des Wachstums, obwohl sie an unterschiedlichen Stellen sind." Künftig werde für die Therapien nicht mehr die anatomische Lokalisation, also die Lage im Körper (etwa in der Brust oder im Darm), sondern vielmehr deren Kommunikationsart in Form von Signalwegen von großer Bedeutung sein.

Die Mediziner haben bereits Medikamente in der Hand, die gewisse deregulierte Signalwege unterdrücken können. Dabei komme es immer wieder zu Erfolgen bei Patienten, berichtete Zielinski.

"Die Grundlagenforschung versucht zu verstehen, was diese Signalwege bedeuten und warum manche Therapien wirken, andere aber nicht", erklärte die Leiterin des Instituts für Krebsforschung der Meduni Wien, Maria Sibilia. Dies sei für die Optimierung der Therapie des Patienten immens wichtig. Die Wissenschafterin untersucht ebenso Mechanismen, die zu Therapieresistenz oder auch zu bestimmten Nebenwirkungen führen.

Tumorboard

Das Team rund um Sibilia arbeitet sehr eng mit den Abteilungen der Meduni Wien und des AKH Wien zusammen. In einem eigenen interdisziplinären Tumorboard (Mondti) setzen sich Wissenschafter und Mediziner aus Grundlagenforschung, Diagnostik und Klinik mit onkologischen Fragestellungen auseinander, um für einzelne Patienten die beste Therapie zu finden.

Die Möglichkeiten dieser personalisierten Medizin werden am CCC im Rahmen der Exact-Studie geprüft. Das Ziel ist es, Krebspatienten, die an einem nicht operierbaren metastasierenden Tumor leiden und für die - nach derzeitigen Richtlinien - keine Behandlungsmöglichkeiten mehr bestehen, individuelle Therapien anbieten zu können. Dabei werden mit Hilfe eines molekularbiologischen Screenings 49 Krebs verursachende Gene auf 750 Mutation hin untersucht.

"Die Bemühungen gehen dorthin, dass wir den Krebs so verstehen, dass wir mit hintereinander geschalteten Therapien ein Leben mit Krebs möglich machen können", erklärte Zielinski. Bei manchen Brustkrebsarten im fortgeschrittenen Stadium könnte dies bereits erreicht werden, betonte der Mediziner. Beim Lungen-, Eierstock- sowie Bauchspeicheldrüsenkarzinom hingegen "verstehen wir es nicht".

Derzeit stünden etwa 1000 neue Medikamente in Entwicklung. Für damit verbundene Studien sei eine exakte Selektion mit Hilfe der Grundlagenforschung unabdingbar.