Dritte Impfdosis schützt auch Immunschwache gegen Covid-19 - allerdings nicht in allen Fällen.
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Lange wurde darüber diskutiert, jetzt sollen Studien Klarheit bringen: Die dritte Impfdosis gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 schützt auch Immunschwache und Krebspatienten vor einer Erkrankung mit Covid-19. Allerdings ist das nicht bei jeder Krankheit, die mangelnde Abwehr auslöst, der Fall, und auch bei jeder Tumorform. Das berichten zum einen Teams unter Federführung der Medizin-Universität Wien in den Fachmagazinen "European Journal of Cancer" und "Annals of the Rheumatic Diseases" und zum anderen das Inselspital und die Universität Bern.
Zum Hintergrund: Menschen, die an einer Krebserkrankung leiden, erhalten oft immunsupprimierende Behandlungen, wie etwa Chemo- oder Strahlentherapien, die die Abwehrkräfte schwächen. Im Fall einer Corona-Infektion tragen solche Personen daher ein hohes Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs. Zudem müssen sie in diesem Fall die Krebstherapie unterbrechen. Das Team um Matthias Preusser von der Klinischen Abteilung für Onkologie der Uniklinik für Innere Medizin konnte zeigen, dass viele Betroffene nach dem dritten Stich gegen Sars-CoV-2 allerdings sehr wohl eine ausreichende Immunität aufbauen.
Risikofaktor Blutkrebs
Zuvor waren Daten zur Wirksamkeit der dritten Impfung bei Krebspatienten und -patientinnen begrenzt gewesen. Die Forschenden machten nun Bluttests an 439 Betroffenen nach der dritten Impfdosis, um den Wert von Antikörpern gegen das Spike-Protein, mit dem der Erreger sich den Weg in die Zellen bahnt, zu untersuchen.
Davor hatten sie nachgewiesen, dass die Antikörperspiegel drei bis sechs Monate nach der zweiten Impfung bei Patienten mit soliden Tumoren empfindlich gesunken waren. "Nach der dritten Booster-Dosis stiegen die Antikörperspiegel der Krebspatienten wieder an", berichten Erstautoren Julia Berger und Maximilian Mair. "Zwar waren die neuen Antikörperspiegel nicht im gleichen Maße erhöht wie bei der gesunden Kontrollgruppe, aber sie reichten sehr wahrscheinlich für einen Schutz aus."
Anders verhält es sich bei Personen mit Blutkrebs: Sie bauten selbst nach dem dritten Stich keinen ausreichenden Schutz auf. Wer an hämatologischen Krebsformen, wie Leukämie oder Lymphomen, leidet, erhält nämlich oftmals Anti-CD20-Therapien, die bösartige B-Lymphozyten beseitigt. Sie hemmen genau jene Zellen, die für die Entwicklung der Antikörper gegen Covid-19 zuständig sind. "Betroffene sind gefährdet und müssen bei Sozialkontakten besonders aufpassen", wird Preusser in einer Aussendung zitiert.
Die häufigsten Nebenwirkungen nach der dritten Dosis waren lokale Schmerzen in der Nähe des Einstichs (46,9 Prozent), Müdigkeit (15,6) und Fieber und Schüttelfrost (zehn Prozent). Dies sei mit jenen bei Menschen ohne Krebserkrankung vergleichbar. "Wir empfehlen auf Basis dieser Ergebnisse und aufgrund der akzeptablen Nebenwirkungen allen Krebspatienten die dritte Booster-Impfung", erklärt Preusser.
Ähnlich gestaltet sich die Empfehlung bei Personen, die aufgrund einer Autoimmunerkrankung immunsuppressive Therapien bekommen müssen und selbst nach zweimaliger Impfung oftmals keine ausreichende Immunantwort entwickeln. Eine Drittimpfung schütze sie besser.
Gefahr Organtranspantation
Als besonders gefährdet für schwere Krankheitsverläufe gelten dabei Patienten von rheumatoider Arthritis, die eine Therapie mit dem Wirkstoff Rituximab erhalten. In der ersten randomisiert verblindeten Studie zum Thema konnten Michael Bonelli und sein Team von der MedUni Wien zeigen, dass auch Patienten unter dieser Therapie nach einer Boosterimpfung eine Immunantwort entwickeln können.
Anders verhält es sich bei immunsupprimierten Patienten. Personen, die etwa nach einer Nierentransplantation Medikamente einnehmen müssen, die das Immunsystem unterdrücken, zeigen selbst nach einer dreimaligen Impfung gegen Sars-CoV-2 keinen ausreichenden Impfschutz, berichtete kürzlich die Universitätsklinik für Innere Medizin III in Wien. Eine Überblicksanalyse des Inselspitals und der Universität Bern bestätigt die Erkenntnisse. Im Fachmagazin "RMD Open" beschreibt das Schweizer Team eine Meta-Analyse von 23 Studien an insgesamt 1.342 Patienten. Dieserart Immungeschwächte können trotz Impfung ein erhebliches Risiko für schwere Covid-Verläufe aufweisen.
Nach der Transplantation eines Organs wie Herz, Lunge oder Nieren müssen Patienten lebenslang immunsuppressiv wirkende Medikamente einnehmen. Diese verhindern eine Abstoßung des Organs, schwächen aber auch den Impfschutz ab. (est)