EU-Kommission will für Unionsbürger mehr Auswahl bei Finanzdienstleistungen.
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Brüssel/Frankfurt. Eine Autoversicherung im Nachbarland abschließen oder dort einen Kredit aufnehmen: Dies soll nach dem Willen der EU-Kommission leichter sein als bisher. Für mehr Auswahl bei Finanzdienstleistungen plädierte daher der dafür zuständige Kommissar Jonathan Hill und leitete eine öffentliche Konsultation ein, die zeigen soll, wie ein verstärkt europaweit ausgerichteter Markt für Konsumenten verwirklich werden kann. Bürger und Unternehmen können bis März des kommenden Jahres ihre Ideen dazu einbringen.
Es geht dabei um Finanzprodukte für Privatkunden wie Bankkonten, Kredite oder Versicherungen. Wie groß die Preisunterschiede in den einzelnen Mitgliedstaaten sein können, macht die Kommission etwa am Beispiel der Autoversicherungen deutlich: Während in Italien die jährliche Prämie bei rund 440 Euro liegt, beträgt sie in Deutschland 200 Euro weniger. Und in Tschechien macht sie gerade einmal hundert Euro aus. Differenzen gibt es auch bei den Zinssätzen für Hauskredite: Die Ungarn zahlen 8,5 Prozent, die Briten gut drei Prozent und die Finnen nicht einmal zwei Prozent. Auch die Beiträge für die Krankenversicherung können massiv ansteigen, wenn jemand in ein anderes EU-Land zieht oder dort seine Pension verbringen möchte.
Wenn der Markt aber offener wäre, könnten viele Menschen grenzüberschreitend ein besseres Angebot in Anspruch nehmen - und umgekehrt könnten Unternehmen ihre Dienstleistungen einem größeren Kundenkreis anbieten, argumentiert Hill. Bisher hätten lediglich drei von hundert Verbrauchern Bankprodukte wie Kreditkarten oder Girokonten aus einem anderen EU-Staat bezogen, und grenzübergreifende Kredite machen im Euro-Raum weniger als ein Prozent des Gesamtvolumens aus. Dabei leben fast 14 Millionen EU-Bürger in einem anderen als ihrem ursprünglichen Land. Nicht zuletzt für sie sollen die Hindernisse auf dem Markt für Finanzdienstleistungen abgebaut werden.
EZB fordert Reformen
Um die Finanzen in größerem Zusammenhang macht sich unterdessen die Europäische Zentralbank (EZB) Sorgen. Zwar flutet sie die Märkte mit Geld, doch die Inflation zieht nur schleppend an. Nun sei die Politik an der Reihe. "Wir haben zwar noch Munition", zitiert die Deutsche Presseagentur dpa EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch. "Aber die Wirkung wäre viel größer, wenn die nötigen Reformen getätigt würden."
Doch auch die Entscheidung der Notenbank selbst, ihre Anleihenkäufe zu verlängern, löste Kritik aus. Gerade das nämlich erleichtere es einigen Euro-Ländern, Lösungen für ihre strukturellen Probleme aufzuschieben. Dem hielt Mersch entgegen, dass der Nutzen der Maßnahmen überwiege. Ohne Eingreifen der EZB "wären wir solide in die Deflation abgerutscht", befand er.