Die Maschinen werden noch nicht abgestellt - die komatöse US-Autoindustrie hängt weiter am Tropf. Zum Überleben werden die rund 15 Milliarden Dollar Kredite, die der Kongress für General Motors (GM), Chrysler und Ford absegnen dürfte, aber nicht reichen. Wozu wird also weiter Geld in die Krisenbetriebe gepumpt?
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Es ist ein Spiel auf Zeit: Die Großen Drei werden sich mit der Finanzspritze bis zum Amtsantritt von Barack Obama am 20. Jänner 2009 über die Zeit retten. Und sich beim künftigen Präsidenten, der Roosevelts New Deal mit gewaltigen Ausgaben alt aussehen lassen will, wohl abermals um Hilfe anstellen. Zu gewinnen gibt es für Obama wenig: Angesichts der Horrorzahlen auf dem US-Arbeitsmarkt - allein im November gingen 533.000 Stellen verloren - kann er es sich aber nicht leisten, jene Jobs zu gefährden, die an der US-Autoindustrie hängen: 350.000 direkt, bis zu drei Millionen weitere indirekt.
Weitermachen wie bisher ist für die Autokonzerne aber ausgeschlossen. Das beweist allein schon ihr eigenes Lizitieren um die Beihilfen: Vor drei Wochen hätten sie "nur" 25 Milliarden Dollar gebraucht. Jetzt müssten es plötzlich bereits 34 Milliarden sein. Namhafte Experten sprechen gar von 75 bis 125 Milliarden, die nötig wären, um eine Insolvenz abzuwenden.
Jetzt soll zumindest ein Teil fließen - dafür müssten sich die Autobauer unter Aufsicht stellen lassen und in drei Monaten Fortschritte bei der Restrukturierung präsentieren. Im Moment produzieren die drei großen US-Hersteller nämlich viel zu teuer viel zu viele Fahrzeuge - und das noch dazu an den Bedürfnissen des Marktes vorbei. Warum sie freilich in einer Notlage binnen weniger Wochen schaffen sollen, was sie zuvor jahre- bis jahrzehntelang verabsäumt haben, konnte bisher niemand erklären.
Paradoxerweise sollen die Kredite just aus einem Topf kommen, der schon bisher eingeplant war, um die Entwicklung sparsamer Motoren zu fördern. Was jetzt tatsächlich passieren soll - obwohl das dafür vorgesehene Geld als Überbrückungshilfe verbrannt wird.
Ob die angedachte Notfusion von General Motors und Chrysler Erfolge bringt, ist ebenso offen: Dass zwei, die am Abgrund stehen, den nächsten Schritt gemeinsam machen, bewahrt sie nicht vor dem Absturz.
Warum ist ein Insolvenzverfahren bis dato kein Thema? Immerhin erlaubt das Chapter-11-Verfahren eine vergleichsweise unternehmensfreundliche Sanierung. Zwei Argumente sprechen dagegen: Es wäre ein Experiment mit unsicherem Ausgang. Die Unwägbarkeiten einer Insolvenz würden Käufer noch zusätzlich verunsichern: Wer kauft ein Auto, wenn unklar ist, ob es den Hersteller in drei Jahren noch gibt? Zudem käme diese Art der Sanierung wohl noch teurer als die bisher veranschlagten Aktionen: Schätzungen sprechen von 40 bis 50 Milliarden Dollar - allein für General Motors.