Schwäche der Eurozone gefährdet vor allem exportorientierte Länder.
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Wien. Der internationale Kreditversicherer Coface mit 4600 Mitarbeitern und 1,6 Milliarden Euro Umsatz, einer der drei weltweiten Big Player, macht sich große Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung in Europa. "Es sind nicht die Unternehmen, die uns Sorgen machen, sondern die Staaten", sagt Christian Berger, Vorstand von Coface Austria und Coface Central Europe. "Die Frage ist, wie lange sich die EU den Anstieg der Verschuldung noch leisten kann. Das Weltwirtschaftswachstum hat sich abgekoppelt. Der Abstand zwischen den Schwellenländern und den Industrienationen wird größer, denn die Schwellenländer wachsen vier- bis fünfmal schneller." Nachsatz: "In dieser Welt ist Europa das Sorgenkind."
Der Eurozone drohe eine Rezession. Den Wirtschaftsrückgang in der Eurozone beziffert Coface heuer mit 0,3 Prozent; in Griechenland beträgt der Wirtschaftsrückgang heuer sechs Prozent, in Portugal vier Prozent, in Italien 1,5 Prozent und in Spanien 1,2 Prozent. Indes liegt Österreich bei einem prognostizierten Plus von 0,4 Prozent, in Deutschland liegt das Plus bei 0,7 Prozent. Zum Vergleich: Die USA erzielen heuer voraussichtlich ein Wachstum von zwei Prozent, die Schwellenländer sogar fünf Prozent.
Schwierige Zeiten im Süden
Für die Verschlechterung der Lage in der Eurozone ist vor allem der Abschwung in Griechenland, Spanien, Portugal und Italien verantwortlich. Italien ist der zweitwichtigste Handelspartner Österreichs und daher treffe die schlechte Wirtschaftssituation am Stiefel die österreichischen Exporteure besonders. "Da die italienische Wirtschaft nicht das Gelbe vom Ei ist, kann man sich ausrechnen, wohin das führt", meint Berger. "Die Unternehmen in den südlichen Nachbarländern kämpfen ums Überleben." Die Zahlungsausfälle sind in Südeuropa, dazu zählt Coface auch Frankreich, um 47 Prozent gestiegen, in der Eurozone um 31 Prozent und weltweit um 27 Prozent.
"Die Erholung in den CEE-Ländern steht auf wackligen Beinen", sagt Berger. Ungarn, Slowenien und Kroatien erleiden einen Wirtschaftsrückgang. Vor allem die exportabhängigen Länder wie Tschechien, dessen Exporte zu 70 Prozent in die Eurozone gehen, leidet unter der europäischen Wirtschaftsschwäche.
"Polen ist der große Stabilitätsfaktor in der Region", sagt der Coface-Vorstand. Das Wachstum beträgt 2,6 Prozent und wird vom Binnenmarkt generiert. "Polen hat davon profitiert, dass es nur wenig von den Euro-Ländern abhängig ist", meint der Coface-Experte. So konnte auch der Kreditversicherer in Polen gute Geschäfte machen.
Der Umsatz vom Coface Central Europe stieg 2011 um 18 Prozent auf 68,2 Millionen Euro, die Schadensquote betrug 57 Prozent. Das Umsatzplus ist "durch Polen getrieben", meint Berger. Dort werde auch mit den Factoring-Dienstleistungen weitergemacht, die man in Österreich aber aufgibt. Coface Austria setzte 2011 rund 55,7 Millionen Euro um, die Schadensquote betrug 55 Prozent. Die Lücke, die Coface-Chefin Martina Dobringer mit ihrer Pensionierung hinterließ, füllen jetzt im Vorstand Katarzyna Kompowska (Coface CEE) und Oliver Krupitza (Coface Austria).