Sudan droht zudem, Transit des Öls aus dem Süden zu stoppen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Juba/Khartum. Als der Südsudan vor gut zwei Jahren seine Unabhängigkeit vom Sudan ausgerufen hatte, war die Hoffnung groß, dass nach mehr als zwei Jahrzehnten Bürgerkrieg mit mehr als zwei Millionen Toten endlich Frieden in der Region einkehrt. Doch noch immer sind sich die beiden Parteien spinnefeind, herrscht zwischen der Regierung des Sudans und den mittlerweile einem souveränen Land vorstehenden Vertretern des Südsudans tiefes Misstrauen. Und schon wieder gibt es Kriegsgefahr.
Denn Truppen aus dem Sudan sind offenbar auf südsudanesisches Territorium eingedrungen. Die Verbände befänden sich etwa zehn Kilometer hinter der Grenze, gab der Südsudan am Montag bekannt. Die Soldaten seien demnach in eine entmilitarisierte Pufferzone vorgerückt, auf die sich beide Seiten zuletzt bei langwierigen Verhandlungen unter Vermittlung der Afrikanischen Union geeinigt hatten.
Der Sudan wiederum hatte zuvor seinem südlichen Nachbarn vorgeworfen, Rebellen zu unterstützen, die den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir stürzen wollen. Konkret soll es sich dabei um die Sudanesische Revolutionäre Front (SRF) handeln, die besonders in Darfur und in den Provinzen Südkordofan und Blauer Nil die sudanesische Regierung immer stärker in Bedrängnis bringt. So würden die Rebellen Waffen aus dem Südsudan erhalten und dort ihre Verwundeten behandlen lassen, behauptet die Regierung in Khartum. Doch auch der Südsudan hält dem Sudan vor, Aufstände im Südsudan zu unterstützen. Beide Staaten streiten die Vorwürfe der Gegenseite regelmäßig ab.
Akt der Selbstzerstörung
Der Konflikt wird aber nicht nur auf militärischer Ebene ausgetragen, auch das Erdölgeschäft dient als Druckmittel. Im Südsudan befindet sich nach der Teilung der Großteil des Öls, doch für den Transport ist das Land auf den Sudan angewiesen, durch den die Pipelines führen. Nun hat die sudanesische Regierung angedroht, den Öltransport stillzulegen, sollte der Südsudan seine Unterstützung für die Rebellen der SRF nicht beenden und dafür auch internationale Garantien abgeben.
Die Aktion hat etwas Selbstzerstörerisches: Denn fast ebenso, wie der Südsudan vom Export des Öls abhängig ist, ist der Sudan auf die Transitgebühren angewiesen. "Aber der Sudan nimmt offenbar an, dass es dem Südsudan noch mehr als ihm selbst schadet, wenn kein Öl mehr fließt", sagt der Politanalyst EJ Hoogendorn von der Denkfabrik "International Crisis Group" im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Der Südsudan will nun Protest gegen den Sudan bei der UNO und der Afrikanischen Union einlegen, weil dieser ständig zuvor ausgehandelte Vereinbarungen breche. Dass sich der Konflikt zwischen den beiden Staaten weiter zuspitzt und sogar in bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den beiden Staaten mündet, bereitet derzeit auch Diplomaten große Sorge. "Weder der Sudan noch der Südsudan wollen einen Krieg", sagt Hogendoorn. Aber beide Seiten versuchen, Druck auf den Gegner auszuüben, damit dieser Zugeständnisse macht. Doch zu diesen ist derzeit keiner bereit. Und noch etwas macht die Situation gefährlich. "Kleine Ereignisse können zwischen Sudan und Südsudan schnell eskalieren und die ganze Lage kann dadurch außer Kontrolle geraten", sagt Hogendoorn.
So kam es vor etwa einem Jahr zu kleineren Gefechten an der Grenze, deren genauer Verlauf noch immer umstritten ist. Doch diese verschärften sich bald derart, dass die beiden Staaten plötzlich vor einem Krieg standen, der erst durch internationalen Druck verhindert werden konnte.