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Kriegsgewinnler Orban

Von Otmar Lahodynsky

Gastkommentare
Otmar Lahodynsky ist Ehrenpräsident der Association of European Journalists (AEJ), die er von 2014 bis 2021 leitete. Er war Redakteur beim Nachrichtenmagazin "profil".
© privat

Ungarns Premier verdankt seine Wiederwahl vor allem Wladimir Putin.


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Eigentlich sollte Viktor Orban seinem Freund Wladimir Putin rasch einen Dankesbrief schicken. Denn Putins Angriffskrieg auf die Ukraine hat dem ungarischen Ministerpräsidenten zu einer fünften Amtszeit und einer neuerlichen Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament verholfen.

Geschickt hatte sich der seit 2010 regierende Politiker in der Schlussphase des Wahlkampfes weit neutraler als Österreichs Regierung verhalten. Er werde Ungarn "Stabilität, Frieden und Unabhängigkeit" sichern und aus dem Krieg im Nachbarland heraushalten, versprach er und sperrte sich sogar gegen Waffenlieferungen an die Ukraine durch Ungarn - ganz so, als ob Ungarn gar kein Mitglied der Nato wäre.

Das Oppositionsbündnis aus sechs Parteien - "Egységben Magyarországért" ("In Einheit für Ungarn") - erlitt dann mit bloß 35 Prozent der Stimmen eine schwere Wahlniederlage. Sein liberal-konservativer Führer, Peter Marki-Zay, kam mit seinen Themen - Korruption in der Fidesz-Regierung, mangelhafte Rechtsstaatlichkeit - nicht durch. Das lag auch an den unter Orban zu 80 Prozent auf Fidesz-Linie gebrachten Medien in Ungarn, die über das Oppositionsbündnis nur kurz oder negativ berichteten. Es gab kein einziges TV-Duell zwischen Orban und Marki-Zay, weil es der autoritär regierende Premier ablehnte.

Orban verteilte lieber Wahlgeschenke auf Kosten der Steuerzahler: So ließ er die Preise für zahlreiche Lebensmittel und Treibstoff auf niedrigem Niveau einfrieren. Und er gab deutlich mehr Geld für Wahlwerbung aus als seine Herausforderer. Überall in Ungarn prangten die orangenen Fidesz-Plakate und riesige Fotos von Orban, aber deutlich weniger vom Oppositionsbündnis. Der Premier verhöhnte noch den Hauptgegner auf Plakaten.

Im Gespräch mit Wählern war oft die Wirkung der Regierungspropaganda zu hören: Ungarn würde mehr an die EU bezahlen, als es an Subventionen aus Brüssel erhalte. Korruptionsvorwürfe an Fidesz-Politiker seien nicht wahr.

Mit Orbans Wahlsieg, zu dem ihm bezeichnenderweise in der EU zuerst rechtsautoritäre Politiker gratulierten, setzt sich in der EU-Familie ein schwerer Konflikt fort. In Ungarn werden europäische Grundwerte nun für weitere Jahre missachtet werden. Die von Orban errichtete "illiberale Demokratie" wird sich weiter in Richtung Diktatur entwickeln.

Lange Zeit haben die EU-Partner dabei tatenlos zugesehen oder - wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker - nur müde Witze ("Hallo Diktator!") gemacht. Der im Vorjahr neu eingeführte Rechtsstaatlichkeitsmechanismus schafft aber nun die Möglichkeit, ein EU-Mitgliedsland, das dauerhaft gegen Grundwerte verstößt, zu bestrafen und Subventionen aus der gemeinsamen Brüsseler Kasse zu kürzen. So wurden Ungarn, das immerhin 5 Milliarden Euro netto pro Jahr erhält, bereits erste Tranchen der Förderungen vorenthalten.

In Zukunft wird die EU-Kommission alle Projektanträge aus Ungarn wohl auch strenger als bisher prüfen müssen, um weitere Korruption in großem Stil zugunsten von Orbans Günstlingen und Familienmitgliedern zu verhindern. Den von Ungarns Premier angedrohten Austritt aus der EU kann sich seine Regierung auch weiterhin nicht leisten.