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Kriegsrecht 1981: Ein Verbrechen?

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

In Polen wird derzeit geprüft, ob die Verhängung des Kriegsrechts 1981 ein kommunistisches Verbrechen war. Der verantwortliche ehemalige Staatschef Wojciech Jaruzelski beharrt darauf, dass der Schritt damals notwendig gewesen sei.


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Die Ermittlungen werden vom polnischen Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) durchgeführt, einem Gremium, das der deutschen Gauck-Behörde zur Untersuchung der Stasi-Vergangenheit nachempfunden wurde. Das IPN hat staatsanwaltliche Vollmachten und soll feststellen, ob der Staatsrat mit der Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 gegen die Verfassung verstoßen hat.

Reaktion auf "Bedrohung"

Damals verfügte Staats- und Parteichef General Wojciech Jaruzelski, dass alle wichtigen Straßen und Plätze von Militär besetzt und die Aktivitäten der freien Gewerkschaft "Solidarnosc" verboten wurden. Deren Führer, Lech Walesa und zahlreiche andere Funktionäre wurden inhaftiert, auf Arbeitsverweigerung stand die Todesstrafe, unabhängige Presseorgane wurden verboten. "Solidarnosc" reagierte prompt mit der Ausrufung des Generalstreiks, Fabriken und Werften wurden besetzt. General Jaruzelski begründete die Ausrufung des Kriegsrechts 1981 damit, dass Polen durch "antisozialistische Kräfte" bedroht sei.

"Das Kriegsrecht sollte eine Reihe gefährlicher Ereignisse stoppen", verteidigt der Ex-KP-Chef und nunmehrige Pensionist Jaruzelski im November 2004 seine Vorgangsweise. Und hält sich zugute, dass ohne Kriegsrecht der Wandel Polens zur Demokratie im August 1989 unmöglich gewesen wäre. Dann hätte es nämlich den "Runden Tisch" nicht gegeben, ein Kommunikationsforum zwischen KP-Führung und Opposition, das schließlich die Wahl des Nichtkommunisten Tadeusz Mazowiecki zum Ministerpräsidenten ermöglichte.

Zu erwarten ist, dass das IPN bei der Beurteilung der Ereignisse von 1981 zu einem etwas anderen Schluss kommen wird.