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Krise abgesagt -arbeiten bis 2003

Von Brigitte Pechar

Politik

"Die Irritationen" und "massiven Spannungen" der vergangenen Tage und Wochen innerhalb der Koalition haben Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer und die Klubobmänner Andreas Khol und Peter Westenthaler in einem Gespräch Mittwoch Nacht beigelegt. Das Reformprojekt werde auf Basis des Regierungsprogrammes bis zum Ende der Legislaturperiode fortgesetzt, stellte Schüssel gestern in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit allen Beteiligten klar. Die SPÖ sprach von einer "peinlichen Schmierenkomödie", die Grünen von einem "unwürdigen Schauspiel".


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Nach den Neuwahldrohungen des Bundeskanzlers vom Dienstag und den darauf folgenden Aufregungen folgte ein klärendes Gespräch. Schüssel konzedierte gestern in Anspielung an die Aussage des Kärntner LH Jörg Haider: "Es ging nie um eine Erweiterung ohne Wenn und Aber", dennoch bleibe die EU-Erweiterung "eines der großen, zentralen Themen", auch die Gewichtung (die Europapolitik ist das erste Kapitel des Regierungsprogramms, Anm.) habe sich nicht verschoben. Die ÖVP habe Sorge gehabt, ob das Regierungsprogramm noch gelte.

"Wir haben nun die Sicherheit, dass der Koalitionspartner keine Neuwahlen will", nannte Riess-Passer ein Ergebnis des Gespräches. Es sei richtig, dass die Koalition in den letzten Tagen in einer "schwierigen Situation" gewesen sei. Auch habe "der eine oder andere entsprechendes Material" (zu Neuwahlspekulationen, Anm.) geliefert. Nun riet die Vizekanzlerin der Opposition, "die schon gedruckten Partezettel wieder einzustampfen".Der Bundeskanzler gestand der FPÖ zu, dass mit der neuen Regierung in Tschechien Gespräche über die im Brüsseler Abkommen angesprochene Energiepartnerschaft, die auch einen Atomkraftausstieg impliziert, aufgenommen werden sollen. Dazu wünschen sich Schüssel und Riess-Passer, dass die Opposition auf eine gemeinsame Linie eingeschworen werden kann. Das Temelín-Volksbegehren soll schon im März im Nationalrat behandelt werden.

"Die Krise ist abgesagt, die Opposition soll die Tische wieder hoch stellen und die Stühle einklappen", ist Westenthaler mit Khol einer Meinung, dass erst am 27. September 2003 gewählt wird. Für Westenthaler bleibt aber die Frage der Benes-Dekrete auf dem Tapet. Auch die Vizekanzlerin geht davon aus, dass "diese Frage vor dem Beitritt Tschechiens zur EU gelöst wird".

IV-Generalsekretär Lorenz Fritz, der zuletzt davor gewarnt hatte, das Projekt EU-Erweiterung mit einem Veto zu bedrohen, begrüßte die weitere Regierungszusammenarbeit.

Nicht so überzeugt von einem Durchhalten bis zum Ende ist die Opposition. SPÖ-Klubobmann Josef Cap sieht in dem gemeinsamen Auftritt der Regierungsspitze eine "peinliche Schmierenkomödie". Die krampfhafte Einigung darauf, dass es "keine EU-Erweiterung ohne Wenn und Aber" gebe, löse nicht den Widerspruch zwischen dem Bekenntnis der ÖVP zur EU-Erweiterung und der Position der FPÖ, die ihrer Veto-Drohung in der Causa Temelín noch eine weitere zu den Benes-Dekreten hinzugefügt habe. Von einem "peinlichen und unwürdigen Schauspiel" sprach die stv. Grüne Klubobfrau Madeleine Petrovic. Jedenfalls sei ein "deutlicheres Schwächezeichen der schwer angeschlagenen Koalition kaum vorstellbar".