Osteuropa als eine einzige riesige Kreditfalle, und Österreich sitzt mit seinen Banken auf einem Pulverfass. Diesen Eindruck vermitteln britische und amerikanische Ratingagenturen. Und er fällt bei Banken, die selbst weit ab von den Märkten sind, auf fruchtbaren Boden: Goldman Sachs schätzt die möglichen Kreditausfälle für Österreich in Osteuropa auf 5 bis 26 Milliarden Euro, andere gar auf 30 Milliarden. | Dass aber zum Beispiel Tschechien oder die Slowakei im Gegensatz zu vielen westlichen EU-Ländern immer noch gut dastehen, dass neue Euro-Länder wie die Slowakei und Slowenien eine solide Wirtschaftspolitik betreiben müssen, dass EU-Mitgliedsländern im Ernstfall mehr Hilfsquellen zur Verfügung stehen als anderen ehemals kommunistischen Ländern, das alles fällt unter den Tisch.
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Österreichische Banken machen in Osteuropa immer noch gute Geschäfte. Erstens haben sie ein sehr konservatives Geschäftsmodell mit Krediten und Einlagen, ohne viele komplizierte und riskante Finanzprodukte. Zweitens gilt für Banken: Auch in schwierigen Zeiten bricht der Umsatz nicht plötzlich weg, denn Kredite haben eine Laufzeit, und so kommen laufend Zinszahlungen und Tilgungen und damit Erträge herein.
Dass das Geschäft immer schwieriger wird, ist freilich kein Geheimnis: Die schlechten Zensuren der Analysten haben zum Abfluss von Investitionskapital geführt, und die Krise im Westen ist eine empfindliche Exportbremse.
Trotzdem zeigt ein Blick auf die Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, dass die Risiken gerade für Österreichs Banken durchaus kontrollierbar sind: Von den 200 Milliarden Euro an Ostkrediten aus Österreich sind drei Viertel an EU-Mitgliedsländer gegangen. Die Bank Austria mit der italienischen UniCredit und die Hypo Alpe Adria mit der Bayerischen Landesbank als ausländischen Mehrheitseigentümern haben weitere 100 Milliarden Euro Ostkredite laufen.
Die Risiken mit 69 Tochterbanken in 19 Staaten sind geographisch breit gestreut, merkt der Internationale Währungsfonds positiv an. Dazu kommt, dass im Schnitt 85 Prozent der Kredite durch lokale Einlagen abgedeckt sind. Hier gibt es aber Differenzen: In der Ukraine und in Russland sind es nur 60 Prozent, dort liegt aber mit 27 Milliarden Euro die Kreditsumme relativ niedrig.
Experten relativieren die Sorgen noch in einem weiteren Punkt: Ist ein Kredit 90 Tage überfällig, wird er automatisch als notleidend eingestuft, auch wenn die Bank über Umschuldungen in lokale Währung bei Euro-Krediten oder über neue Tilgungsfristen verhandelt, um so einen Kreditausfall zu verhindern.
Trotzdem: Die Kreditausfälle werden heuer sicher steigen. Das räumt auch die Erste Bank ein. Die Quote der notleidenden Kredite wird in Osteuropa von derzeit knapp drei auf fünf Prozent zunehmen. Zum Vergleich: In Österreich sind es schon jetzt über vier Prozent.
Und selbst wenn die von Goldman Sachs und Co an die Wand gemalten 30 Milliarden Euro Kreditausfall richtig wären, stünden dem Bankenerträge von 15 Milliarden pro Jahr gegenüber und 15 Milliarden aus der staatlichen Bankenhilfe. Das würde Österreichs Gesamtverschuldung nur unwesentlich erhöhen.
Die Krise in Osteuropa wird kein Spaziergang, meint man bei der Nationalbank, aber sie ist auch im schlimmsten Fall ohne großen Schaden für Österreich zu überwinden. *