Kunden suchen nach Sicherheit bei Tresorherstellern. | Sorgenfalten beim Schönheitschirurgen retuschieren lassen. | Wien. Die Bezeichnung Krisen-Profiteur klingt dieser Tage in vielen Ohren wie ein Fremdwort. Vielen Unternehmern ist es gar unangenehm, diesen Stempel aufgedrückt zu bekommen, läuft das Geschäft doch meist zum Leid des anderen. Wahr ist, es gibt sie - allerdings lassen sie sich an beiden Händen abzählen.
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Roland Bieber leitet seit 35 Jahren den Wiener KfZ-Reparaturbetrieb Auto Bieber. Die dunkle, schmierige Werkstätte ist voll geparkt mit Autos jeder Marke. Das Geschäft mit Service und Pickerl läuft besser denn je, sagt Bieber, in den kommenden Monaten werde die Nachfrage sicher stark zunehmen. In Krisenzeiten würden die Kunden lieber 300 Euro für Reparaturen zahlen, als sich einen Neuwagen anzuschaffen.
Reparieren statt kaufen
Diesen Trend bestätigt auch Walter Bornett von der KMU-Forschung Austria: "Alle Handwerksbetriebe, die größere Reparaturleistungen anbieten - sowohl im KfZ-Bereich als auch im Bau- und Baunebengewerbe -, könnten jetzt profitieren."
Dass deshalb Euphorie ausbricht, glaubt der Forscher dennoch nicht. Es gebe oft eine Verschiebung zu anderen Geschäftsbereichen. Einen solchen Substitutionseffekt spürt derzeit etwa die Beratungsbranche. "Nicht mehr Expansions- und Marketingstrategien sind gefragt, sondern Know-how über Umstrukturierung im Betrieb und Kostensenkung", sagt Rupert Petry vom Unternehmensberater Roland Berger.
Ähnlich sieht die Lage bei den Rechtsberatern aus. "Aufgrund von Mitarbeiterabbau in den Betrieben haben sich die Aufträge für Arbeitsrechtsexperten seit Oktober verdoppelt", berichtet Andreas Zahradnik, Rechtsanwalt bei Dorda Brugger Jordis. So etwas habe er in seinen 22 Berufs-Jahren noch nicht erlebt.
Viel zu tun hat auch der Jurist Florian Kremslehner, der Unternehmen bei Streitfällen begleitet: "Es wird mehr vor Gericht gestritten, wenn es um das Überleben der Betriebe geht. Jeder will jetzt rasch zu Geld kommen." Die häufigsten Streitgründe: Managerhaftung, falsche Anlageberatung und Bankverträge.
Geschäfte mit der Angst
Positive Nachrichten vermeldet dieser Tage die Sicherheitsbranche: In Deutschland verzeichneten zahlreiche Tresorhersteller seit Oktober Steigerungen von 30 Prozent. Ordentlich Aufwind beim Verkauf von Tresoren und Alarmanlagen bemerkte auch der österreichische Hersteller Wertheim. Der Grund dafür liege beim gesteigerten Sicherheitsbedürfnis und wachsendem Misstrauen den Banken gegenüber, heißt es. Zudem hätten wegen der höheren Arbeitslosigkeit in der Krise viele Angst, dass die Kriminalität zulege.
Gewinn wegen der Wirtschaftskrise erwarten sich auch die Fertiggerichtehersteller. "Wir sind zum Glück eine Lebensmittelmarke", sagt Rainer Herrmann, Chef von Iglo Austria. Er geht davon aus, dass der Rückzug aus der Gastronomie künftig mit Tiefkühlkost & Co. zu Hause kompensiert wird. In Spanien und Großbritannien, wo es in der Wirtschaft schon seit längerem kriselt, verzeichnete man zuletzt einen starken Absatzzuwachs von Fisch und Gemüsegerichten.
Über ein Umsatzplus im Jahr 2008 freute sich zudem auch der dänische Spielzeughersteller Lego. Der Grund: In der Krise würden Kunden wieder vermehrt auf traditionelles Spielzeug zurückgreifen.
Neben Spielzeugklassikern, Nahrungsmittelbranche, Reparaturstätten und Beratern fallen schließlich auch einige Schönheitschirurgen unter die Krisengewinner. So gingen in der Wiener Praxis von Dagmar Millesi im Jänner und Februar um 40 Prozent mehr Aufträge, speziell für Bauchstraffung und Facelifting, ein. "Es könnte sein, dass die Menschen noch schnell ihr Geld gut investieren wollen", vermutet Millesi. Dass es sich dabei um krisenbedingte Sorgenfalten handeln könnte, will die plastische Chirurgin jedoch nicht bestätigen.