Heimische Industrie ist wieder auf Vorkrisenniveau. EU-Klimastrategie wirft viele Fragen auf.
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Aus Sicht der Industrie ist zumindest die Wirtschaftskrise in Folge der Corona-Pandemie vorbei. "Die ökonomische Krise haben wir überstanden. Die Industrie hat das Vorkrisenniveau sogar schon im ersten Quartal erreicht", sagte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, am Dienstag vor Journalisten. Der aktuelle Konjunkturbarometer der IV zeigt nach einem massiven Einbruch im Vorjahr steil nach oben, die Auftragsbücher der Betriebe sind voll.
"Wir sehen einen, sich voll entfaltenden globalen Aufschwung von plus sechs Prozent der Wirtschaftsleistung", sagt Christian Helmenstein, Chefökonom der IV. In nahezu allen OECD-Ländern sei zu erwarten, dass die Beschäftigung wieder auf das Vorkrisenniveau steigt. In Österreich planen 40 Prozent der Industriebetriebe laut Konjunkturbarometer, neue Mitarbeiterinnen einzustellen. Ein Unsicherheitsfaktor dabei sei laut Helmenstein der Fachkräftemangel.
EU-Schutzzölle geplant
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor aus Sicht der heimischen, energieintensiven Industrie ist der Fahrplan zur Erreichung der Klimaziele "Fit for 55". Die EU-Kommission diesen vergangene Woche vorgestellt. Unter anderem ist dabei ein sogenannter "Carbon Border Adjustment Mechanism" (CBAM) geplant. Importe aus Ländern, in denen eine umweltschädliche oder CO2-intensive Produktion billiger ist, sollen durch Schutzzölle verteuert werden. Durch den Ausgleichsmechanismus soll das sogenannte Carbon Leakige verhindert werden.
Wenn der CO2-Preis in Europa deutlich steigt, wandern einige Produktionsbetriebe in Länder ab, die niedrigere Umweltstandards und CO2-Preise als die EU haben. Die dort unter mehr Emissionen produzierte Ware wird dann wieder in die EU-Länder importiert. "Die EU ist dadurch einer der größten CO2-Importeure weltweit", sagt die Wifo-Ökonomin Elisabeth Christen. Ob das CBAM dem entgegenwirken kann, hänge von der konkreten Ausgestaltung des Mechanismus ab.
Der Ausgleichsmechanismus reiche aber nicht aus, wenn gleichzeitig die freien Emissionszertifikate auslaufen, meint IV-Generalsekretär Neumayr. Von der EU-Kommission ist nämlich auch eine Reform des bestehenden Emission Trading Systems (ETS) vorgesehen. Derzeit bekommen energieintensive Industriebetriebe wie zum Beispiel die heimische Voest jährlich eine bestimmte Anzahl an kostenlosen CO2-Zertifikaten. Unternehmen, die weniger Tonnen CO2 emittieren, als sie an Zertifikaten zur Verfügung haben, können diese über eine ETS-Börse verkaufen, etwa an Firmen, die mehr als für sie vorgesehen emittieren.
Im Zuge der Klimaziele und der "Fit for 55"-Strategie sollen diese Freizertifikate aber auslaufen. Industriebetriebe sollen also künftig für ihre CO2-Emissionen mehr bezahlen. Gleichzeitig soll das ETS-System, das bisher für die energieintensive Industrie vorgesehen war, auf Gebäude und Verkehr ausgedehnt werden.
Strafzölle befürchtet
Derzeit ist noch schwer abzuschätzen, wie sich die geplanten Schutzzölle auf den Export von Industriegütern auswirken werden. Die höhere Bepreisung von CO2 wird wohl auch die Güterproduktion und die Endprodukte am Weltmarkt verteuern.
Wenn die EU zudem Schutzzölle für Industriegüter aus Drittstaaten einhebt, müsse man mit Gegenreaktionen rechnen, meint Helmenstein. Die USA oder China könnten ihrerseits mit Handelsschranken für bestimmte europäische Industriegüter reagieren. "Wünschenswert wäre eine globale Klimaallianz, zumindest mit den USA", meint Ökonomin Christen, um einen Alleingang der EU zu verhindern und global faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
Angesichts des fortschreitenden Klimawandels und zunehmender Wetterextreme wie zuletzt Unwetter und Hochwasser, haben sich die EU-Staaten im Rahmen des "Green Deal" auf eine deutliche Reduktion der CO2-
Emissionen geeinigt. Bis 2050 will die Union klimaneutral sein, also nur noch so viel CO2 emittieren, wie auf natürlichem Weg abgebaut werden kann.