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Krisengespräche in Mazedonien

Von Martyna Czarnowska aus Skopje

Politik

EU-Ratspräsident Donald Tusk drängt auf eine Lösung der politischen Konflikte.


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Skopje. Dieses Mal hatte der Präsident Zeit. Vor knapp zwei Wochen entschuldigte sich der mazedonische Staatschef Georgi Iwanow noch, weil er nicht in Skopje war, als der für Erweiterungsverhandlungen zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn das Westbalkanland besuchte. Doch EU-Ratspräsident Donald Tusk konnte er nun empfangen. Dieser machte auf seiner Reise durch die Region auch in Skopje Halt. Ein Schwerpunkt der Gespräche lag auf der Bewältigung der Flüchtlingskrise, bei der Mazedonien eine wichtige Rolle spielt. Bei der Abriegelung der Balkanroute war und ist es ein Schlüsselpartner.

Doch auch innenpolitische Probleme kamen zur Sprache. Tusks Besuch fiel nämlich in eine Zeit schwerer Turbulenzen. Zwar schwelen in Mazedonien schon seit rund zwei Jahren innenpolitische Konflikte, genährt durch Korruptions- und Abhöraffären, Machtkämpfe sowie Verzögerungen bei der Ansetzung einer Neuwahl. Doch mittlerweile ist auch eine Verfassungskrise hinzugekommen. Nach der Parlamentswahl im Dezember kam das Abgeordnetenhaus in Skopje erst in der Vorwoche wieder zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen, um einen Sprecher zu wählen. Das ist nämlich die Voraussetzung für eine Koalitionsbildung.

Doch mit Dauerreden hat die ehemalige nationalkonservative Regierungspartei VMRO-DPMNE (Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation - Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit) tagelang ein Votum verhindert - und diese Taktik auch gestern, Montag, angewandt. Ihr Vorsitzender, der langjährige Ministerpräsident Nikola Gruevski, hat auch persönliche Gründe, für seinen Machterhalt zu kämpfen. Die Sonderanwaltschaft wirft ihm und etlichen seiner Parteikollegen Korruption sowie Gängelung von Justiz und Medien vor. Würden die Politiker ihre Immunität verlieren, würden sie angeklagt werden.

Allerdings hat es der Ex-Premier nicht geschafft, nach der Wahl, aus der seine Fraktion als knapper Sieger hervorgegangen ist, eine Regierung zu bilden. Umgekehrt ist es aber den zweitstärksten Sozialdemokraten (SDSM) gelungen, mit Hilfe albanischer Parteien eine Parlamentsmehrheit zu finden. Doch Präsident Iwanow, ein Gefolgsmann Gruevskis, weigerte sich bisher, den SDSM-Vorsitzenden Zoran Zaev mit der Koalitionsbildung zu beauftragen. Dabei wäre es Iwanows Aufgabe, eine demokratische Lösung für die Krise zu finden, mahnte Tusk.

Und das ist nicht das einzige Problem, das das EU-Kandidatenland Mazedonien zu bewältigen hat. Die Annäherung an die Europäische Union sowie an das Militärbündnis Nato stockt, nicht zuletzt wegen der Blockadehaltung Griechenlands. Mit Athen ist Skopje seit Jahren in einen Namensstreit verwickelt: Der Nachbar lehnt die Staatsbezeichnung ab, weil es eine gleichnamige griechische Provinz gibt.

EU-Ratspräsident Tusk hätte schon bald die Gelegenheit, das Thema in Athen anzusprechen. Am morgigen Mittwoch trifft er dort mit Premier Alexis Tsipras zusammen.