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Präsident Fischer besucht erstmals Tadschikistan und Kirgistan.
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Wien/Duschanbe. Es ist eine Reise in die Armenhäuser Zentralasiens - und zugleich eine Visite in Staaten, die im geopolitischen Spiel um Macht und Einfluss zwischen den USA, Russland und China eine wichtige Rolle spielen. Am Dienstag fliegt Bundespräsident Heinz Fischer an der Spitze einer österreichischen Wirtschaftsdelegation nach Tadschikistan, ein Arbeitsbesuch in Kirgistan steht ab Donnerstag ebenfalls auf dem Programm. Neben dem Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer Richard Schenz werden auch Gesundheitsminister Alois Stöger und Außenamts-Staatssekretär Reinhold Lopatka den Präsidenten begleiten. An beiden Reisezielen werden Wirtschaftsforen abgehalten, um Geschäfte anzubahnen.
Es ist der erste Besuch eines österreichischen Präsidenten in den beiden Ländern. Auch die Kontakte österreichischer Wirtschaftstreibender nach Tadschikistan und Kirgistan sind noch bescheiden: Direktinvestitionen oder Firmenniederlassungen aus Österreich gibt es bisher keine, die österreichischen Exporte befanden sich 2011 auf niedrigem Niveau im einstelligen Millionenbereich. Das könnte sich ändern: Kirgistan und Tadschikistan haben großes Potenzial im Bereich Wasserkraft - ein Gebiet, in dem österreichische Firmen führend sind. Tadschikistan verfügt gar über das größte ungenutzte Wasserkraft-Potenzial der Erde. Kein Wunder also, dass auf der Liste der mitreisenden österreichischen Unternehmen Vertreter dieser Branche dominieren.
Dabei ist Wasser in Zentralasien ein politisch umstrittenes Thema: Usbekistan, der rohstoffreiche, aber wasserarme Nachbarstaat Tadschikistans und Kirgistans, benötigt für seine Baumwollplantagen besonders viel Wasser. Reduziert beispielsweise Kirgistan seine Wasserzufuhr an Usbekistan, reagiert die usbekische Regierung mit einem Lieferstopp oder einer Preiserhöhung für Gas und Öl. Insbesondere der in Bau befindliche gewaltige tadschikische Rogun-Staudamm, der nach Fertigstellung die größte Talsperre der Erde wäre, nährt in Usbekistan Befürchtungen, künftig zu wenig Wasser für den Anbau der Baumwolle zu bekommen.
Beteiligung an Projekten
Für Geschäfte im Bereich Wasserkraft ist es jedoch nicht nötig, in das Mammutprojekt Rogun, für das bis zu 30.000 Familien zwangsumgesiedelt werden müssen, zu investieren. Michael Müller, der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Zentralasien, verweist im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" auf Alternativen: "Viele in den 1950er und 1960er Jahren gebaute Kraftwerke gehören generalsaniert. Da könnten sich Chancen ergeben - ebenso wie im Bergbau." Müller setzt vor allem auf österreichische Beteiligung an größeren Vorhaben, etwa im Bereich Infrastruktur: Tadschikistan und Kirgistan seien strategisch günstig gelegen, vor allem Richtung China sollen Straßen und Bahnstrecken gebaut werden. Österreichische Firmen könnten dazu Anlagen und Geräte liefern.
Ein großes Risiko für Investoren ist die Sicherheitslage in den beiden Ex-Sowjetrepubliken. Tadschikistan glitt kurz nach dem Zusammenbruch der UdSSR in einen Bürgerkrieg zwischen Ex-Kommunisten und Islamisten ab, erst Ende 1996 kam - auf russische Vermittlung - ein Kompromissfriede zustande. Der jedoch stets bedroht ist: Präsident Emomali Rachmon, der seit mehr als 18 Jahren in Duschanbe diktatorisch regiert, drängte die oppositionellen Islamisten Schritt für Schritt wieder aus der Staatsverwaltung. Die politischen Gegner Rachmons, die laut Amnesty International auch gefoltert werden, reagierten mit Attentaten.
Während Rachmon in Duschanbe mit harter Hand regiert, gilt Kirgistan nach zwei Umstürzen - wenigstens formal - als einzige parlamentarische Demokratie Zentralasiens. Aber als eine äußerst fragile: Der schwache kirgisische Staat konnte im Sommer 2010 in den Städten Osch und Jalalabad die blutigen ethnischen Säuberungen an den Usbeken nicht verhindern.